Velo parkt mit Gleisanschluss

Basler Innerstadt wird zur Flaniermeile

Heute vor 10 Jahren sollte für die Bewohner der Basler Kernzone ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung gehen und innerhalb des City-Rings flächendeckend Tempo 30 gelten. Das Stadtzentrum soll sogar gänzlich autofrei werden. Auch der Veloverkehr würde eingeschränkt und auf drei Achsen kanalisiert. So der Plan der Regierung.

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Nadelberg 1960 und 2023. Quellen: Basler Bauten / Zschokke und VELOP.CH
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«Es geht endlich los mit der fussgängerfreundlichen Innerstadt. Wir haben 20 Jahre Stillstand überwunden», freut sich 2012 der damalige Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels (SP). Er hätte in nur einer Amtszeit geschafft, woran seine drei Vorgänger gescheitert seien, berichtet 20min.ch am 6.9.2012

Für die Geschäfte in der ­Innerstadt ist die geplante ­Aufwertung überfällig. Laut Gewerbetreibenden haben Schweizer Städte Basel in ­Sachen Shopping-Ambiente längst überholt. «Wir haben Nachholbedarf», sagt Pro Innerstadt-Geschäftsführer Mathias Böhm. Das ist vermutlich auch der Grund, warum das autofreie Stadtzentrum jetzt mehrheitsfähig wurde.

Die Umsetzung der Verkehrsmassnahmen erfolgt ab 2013 durch neue Signalisation. Auf dem Spalenberg werden versuchsweise Poller zum Einsatz kommen. Wessels schliesst aber nicht aus, dass diese in einigen Jahren flächendeckend zum Einsatz kommen.

Was sagen die Quartierbewohner dazu? Der bei Vorstössen und Mitwirkungsprozessen aktive Quartierverein Lääbe in der Innerstadt schreibt zum neuen Verkehrskonzept: «Wir haben uns am Anfang erfolgreich für eine Ausweitung der Sperrzone eingesetzt und mahnten regelmässig (und vergeblich) eine striktere Kontrolle des Verkehrs in den Sperrzonen an. Unsere Mitsprache brachte zumindest einen halben Erfolg bei der Mitgestaltung des Pausenplatzes Petersschule. Die Stiftsgasse wurde nicht, wie wir das gewünscht hatten, verkehrsfrei, aber immerhin mit einer Belagsneugestaltung verkehrsberuhigt» ist in der Jahreschronik von 2013 festgehalten.

Wie sieht im Rückblick die Bilanz aus? Ein Erfolgsmodell? Sieht man die touristischen Besucherströme in der Basler Innenstadt, dann ist die Antwort ja. Die Stadt prosperiert, hat den Anschluss geschafft und ist zu einem Besuchermagnet geworden. Für Kritik oder Ängste sorgen – wie in Kernzonen anderer Städte – die mit der Verkehrsberuhigung einhergehende Mietzinspirale der Immobilien. Sie geht durch die Decke.

Die Folge ist die Gentrifizierung, es droht der Auszug der Bildungsinstitutionen, die Spezialgeschäfte verschwinden, auch Künstlerateliers werden umgenutzt, dafür prägen Gastronomie Strassen und Plätze. Gleichzeitig werden die Verteilzentrennetz der Spediteure und der grossen Detailhändler gestrafft, die Chargen grösser. Es ist kaum noch ein Durchzukommen für die Anlieferung in der Kernzone. Interdiscount, Globus schliesst oder wird umgebaut. 10 Jahren nach der Verkehrswende ist guter Rat teuer, wie die Artenvielfalt des urbanen Lebens in die Zukunft hinübergerettet werden könnte.

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Geschrieben von VELOP.CH am Sonntag Januar 1, 2023

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