Die hier publizierte Artikel (gekürzt und velothematisch illustriert) stammt aus der Forschungsarbeit mit den Titel 'Verhaltensökonomische Ansätze zugunsten der Verkehrssicherheit (Nudging)' zhaw.ch (PDF) vom 1.12.2022
.Im Gegensatz zu konventionellen Massnahmen setzt das Nudging (ein Teilgebiet der Verhaltensökonomie) meist weniger an bewussten Prozessen an, sondern versucht, durch subtile Veränderungen des Kontextes sicheres Verhalten im Strassenverkehr zu fördern. Die Toolbox bzw. Sammlung an Nudging-Techniken, die dabei zur Verfügung steht, ist sehr breit. Ein wichtiges Ziel des Forschungsprojekts war es daher, diese Vielfalt an Techniken anhand von Anwendungsbeispielen innerhalb und ausserhalb der Verkehrssicherheit aufzuzeigen und zu systematisieren. Damit sollte ein besseres Verständnis für diese Techniken gefördert und die Ausgangsbasis für den Transfer bzw. die Anwendung dieser Techniken auf spezifische Problemstellungen im Verkehr geschaffen werden. Zudem wurde an verschiedenen Stellen eine Abgrenzung des Begriffs gegenüber anderen Massnahmenansätzen – wie z.B. der selbsterklärenden Strassengestaltung – vorgenommen.
Um den aktuellen Stand zu vorhandenen Nudging-Massnahmen sowie Ideen für mögliche Massnahmen im Strassenverkehr zu eruieren, wurde eine umfassende Recherche und Aufarbeitung der Literatur durchgeführt. Die Literaturanalyse hat dabei gezeigt, dass bereits verschiedenste Nudging-Techniken zugunsten der Verkehrssicherheit eingesetzt werden und entsprechende Massnahmen teilweise bereits evaluiert wurden. Viele – auch bereits realisierte Massnahmen – lassen sich ganz oder in Teilen als Nudging interpretieren, sind aber häufig nicht explizit unter diesem Ansatz klassifiziert. Dies mag u.a. auch daran liegen, dass der Nudging-Begriff nicht immer trennscharf abgegrenzt werden kann bzw. teilweise abweichende Definitionen in der Forschung und Praxis bestehen.
Die Analyse der vorhandenen Literatur zu Nudging-Massnahmen im Verkehr hat gezeigt, dass aktuell am häufigsten Verhaltensänderungen in Bezug auf die Fahrgeschwindigkeit mit diesen Techniken adressiert werden. Bezüglich der eingesetzten Nudging-Techniken werden häufig optische Illusionen und Prompts (Hinweisreize zum richtigen Zeitpunkt) im Strassenverkehr eingesetzt. Für verschiedene der evaluierten Massnahmen konnten positive Effekte auf sicherheitsrelevantes Verhalten festgestellt werden. Die beobachteten Effekte sind in der Regel klein. Bei einem grossen Teil der identifizierten Nudging-Massnahmen im Verkehr liegen hingegen bisher noch keine wissenschaftlichen Evaluationsstudien vor. Insbesondere die Wirkung auf das Unfallgeschehen muss noch weiter untersucht werden. Auch konnten nur wenige Studien gefunden werden, welche die Langzeitwirkung von Nudging-Massnahmen auf das Verhalten oder das Unfallgeschehen evaluiert haben. Ebenfalls noch kaum untersucht ist, inwiefern Nudging-Massnahmen bei unterschiedlichen Zielgruppen jeweils eine differenzierte Wirkung haben könnten.
.Die vorhandenen Studien, welche neben der Wirksamkeit von Nudging-Massnahmen auch deren Akzeptanz untersucht haben, kamen grösstenteils zu einem positiven Ergebnis. So werden Nudging-Massnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in der Regel gut akzeptiert, was ebenfalls eine notwendige – wenngleich nicht hinreichende – Grundvoraussetzung für deren Erfolg darstellt.
Ergänzend zur Literaturanalyse wurden Interviews mit Fachleuten aus Forschung und Praxis sowie ein Workshop mit Expertinnen und Experten durchgeführt. Trotz eines in vielen Teilen heterogenen Meinungsbilds lassen sich auch übereinstimmende Aussagen daraus ableiten. Demnach berücksichtigen in Kantonen und Gemeinden bereits existierende Massnahmen in der Praxis teilweise dezidiert verhaltensökonomische Wirkmechanismen. Es wird allgemein befürwortet, dass verhaltensökonomische Massnahme vor allem ergänzend zu klassischen Sicherheitsmassnahmen zur Anwendung kommen. Darüber hinaus wurden Wirksamkeiten auf das Unfallgeschehen zwar grundsätzlich positiv aber eher gering eingeschätzt und es wurde empfohlen, dass negative Auswirkungen u. a. auf die Lärmentwicklung immer mitgedacht werden sollten. Eine wesentliche Unklarheit in der Praxis besteht noch in der rechtlichen Umsetzung von verhaltensökonomischen Massnahmen.
Während Nudging-Massnahmen bzw. die zugrunde liegenden Techniken auf Verhaltensweisen des Menschen abzielen, enthalten die Kategorisierungen von Unfällen hingegen keine oder nur bedingt Informationen über die zugrunde liegenden Verhaltensweisen. Durch die Polizei erhobene Unfälle werden zwar hinsichtlich verschiedenster Charakteristika beschrieben, die Verknüpfung mit den Nudging Techniken ist damit direkt nicht möglich. Um diese Verknüpfung zwischen dem Unfallgeschehen und den Nudging-Techniken herzustellen und damit einen Anknüpfungspunkt für die Praxis an die Welt des Nudgings zu ermöglichen, wurden acht Strategien entwickelt. Diese Strategien beschreiben Verhaltensweisen, welche sich durch Nudging potenziell beeinflussen lassen. Den Strategien wurde jeweils ein Teilkollektiv des Unfallgeschehens zugeordnet, um zumindest ansatzweise eine Abschätzung des Reduktionspotenzials zu ermöglichen.
In einem letzten Schritt des Projekts wurden die identifizierten Nudging-Massnahmen in Hinblick auf den Strassenverkehr einer Bewertung unterzogen. Ziel dabei war es, Empfehlungen für die Umsetzung im Schweizer Strassenverkehr abzuleiten. In die Bewertung flossen sieben verschiedene Indikatoren mit ein: (1) Das Potenzial zur Reduktion von Unfällen und den damit verbundenen Kosten, (2) die Wirkung auf das entsprechende Verhalten und damit auf das Unfallgeschehen, (3) die gesellschaftlich-politische Akzeptanz der Massnahme, (4) das Ausmass des Vorhandenseins an möglichen negativen Nebeneffekten, die durch die Implementierung des Nudges entstehen könnten, (5) die rechtliche Umsetzbarkeit in der Schweiz, (6) der durch die Realisierung zu erwartende zeitliche, organisatorische und personelle Aufwand sowie (7) die Kostengünstigkeit bzw. zu erwartenden Kosten bei der Umsetzung der Massnahme. Zusätzlich wurde für jede Massnahme abgeschätzt und dokumentiert, ob bzw. welche alternativen (Standard-)Massnahmen bereits vorhanden sind, um die entsprechenden Unfallursachen in der Prävention anzugehen.
Da objektivierte Erkenntnisse in der Regel dazu nicht verfügbar sind, flossen in die Bewertung der Einzelmassnahmen sämtliche im Verlaufe des Projekts zusammengetragenen Erkenntnisse sowie die Erfahrung der Mitglieder des Projektteams ein. Hinsichtlich der rechtlichen Umsetzbarkeit in der Schweiz (insbesondere der infrastrukturellen Massnahmen) wurde zudem ein Rechtsexperte für Strassenverkehrsrecht beigezogen. Für jede Massnahme wurde einerseits die Bewertung hinsichtlich der einzelnen Indikatoren in Form von Spinnendiagrammen dokumentiert. Andererseits wurde eine Gesamtbewertung vorgenommen, bei welcher die Massnahmen entsprechend in drei groben Kategorien (gut, neutral und ungenügend) mit einer Farbcodierung eingeteilt wurden. Die Bewertung erfolgte dabei ebenfalls durch das Projektteam.
Der Forschungsbericht schliesst mit Empfehlungen für die Praxis, wie die gewonnenen Erkenntnisse am besten in die Praxis auf den Ebenen der Politik und Entscheidungsträgern, beim operativen Sicherheitsmanagement, bei der Normierung und in die Forschung integriert werden können. Als zentral für die Praxis erscheint es, eine bessere Kenntnis der verhaltensökonomischen Wirkmechanismen zu erhalten, um grundsätzlich die Einordnung solcher nicht-technischen Ansätze in höherem Masse zu ermöglichen und um die Praxis in die Lage zu versetzen, die klassischen Verkehrssicherheitsmassnahmen unter Berücksichtigung der Verhaltensökonomie weiter zu optimieren.
Mit dem vorliegenden Forschungsprojekt sollten folgende Ziele erreicht werden:
Die Forschungsarbeit gliedert sich entsprechend in die folgenden Abschnitte: Zunächst werden die Ergebnisse einer umfassenden Analyse der nationalen und internationalen Literatur dargestellt, um einen Überblick zum aktuellen Stand der Forschung zum Einsatz und zur Wirkung von Nudging-Massnahmen innerhalb und ausserhalb der Verkehrssicherheit zu geben (siehe Kapitel 2.1*).
Des Weiteren wurden auf nationaler als auch auf internationaler Ebene Befragungen von Expertinnen und Experten durchgeführt (siehe Kapitel 2.2*). Dabei wurden einerseits Ver- treter/-innen von europäischen Forschungsinstituten im Bereich der Verkehrssicherheit befragt. Andererseits wurden zwei Psychologinnen interviewt, die in anderen Fachdisziplinen tätig sind. Darüber hinaus wurden Interviews mit Personen aus der Praxis, beispielsweise aus kantonalen und städtischen Tiefbauämtern (siehe Kapitel 2.3*) geführt. Dadurch sollten weitere auf Verhaltensökonomie und Nudging aufbauende Massnahmen identifiziert sowie Erfahrungen bezüglich deren Wirksamkeit eingeholt werden. Zudem sollten die Erkenntnisse aus den Interviews bei der Definition und Abgrenzung der Konzepte Verhaltensökonomie und Nudging für den Bereich der Strassenverkehrssicherheit helfen.
In Kapitel 2.4* folgt die Dokumentation der Ergebnisse eines Experten-Workshops, welcher im Rahmen des Projekts durchgeführt wurde. Ziel dieses Austauschs mit Expertinnen und Experten u.a. aus der Begleitkommission sowie Interessensvertreter/innen verschiedener Strassenverkehrsteilnehmender war es, mögliche Einsatzgebiete, kritische Aspekte sowie Voraussetzungen und Hürden für die Umsetzung verhaltensökonomischer Massnahmen im Schweizer Strassenverkehr zusammenzutragen.
In einem nächsten Abschnitt (Kapitel 3*) erfolgt aufbauend auf einer grundsätzlichen Strukturierung des Unfallgeschehens sowie ausgehend von den bis dahin identifizierten Nudging-Ansätzen eine Systematisierung der Nudging-Techniken anhand von Strategien des sicheren Verkehrsverhaltens. Dies soll einen einfacheren Zugang zu den Massnahmen für die Praxis ermöglichen. Dabei wurde auch eine grobe Abschätzung der Potenziale in Bezug auf das adressierte Unfallgeschehen vorgenommen.
Abschliessend erfolgt in Kapitel 4* eine umfassende Bewertung der gesammelten Mass- nahmen anhand zuvor definierter Bewertungsindikatoren. Basierend darauf wird am Ende des Berichts ein Fazit gezogen, welche der vorgestellten Massnahmen für den Einsatz in der Schweiz empfohlen werden können.
Abgrenzung zu Self-Explaining Roads (selbsterklärende Strassen)
Wie lässt sich das Konzept der «Self-Explaining-Roads» [8] von verhaltensökonomischen Massnahmen abgrenzen? Einerseits könnte eine Antwort auf diese Frage im praktischen Alltag der Verkehrsplanung von Bedeutung sein, andererseits ist eine Differenzierung schon mit Blick auf eine Präzisierung beider Konzepte sinnvoll – insbesondere, weil beide über gewisse Gemeinsamkeiten verfügen. Denn sowohl die Idee der selbsterklärenden Strasse wie auch der Einsatz von verhaltensökonomischen Massnahmen in der Verkehrssicherheit haben das Ziel, Komplexität möglichst zu reduzieren und damit die Verkehrsumgebung zu vereinfachen. Vor allem soll es Verkehrsteilnehmenden damit einfacher gemacht werden, nicht offensichtliche Problembereiche intuitiv und unbewusst zu identifizieren. Dies kann beispielsweise dann äusserst nützlich sein, wenn die objektiv höhere Gefahr eines Verkehrsabschnitts mit einer unzutreffenden Risikowahrnehmung – etwa einer Geringschätzung der Gefahr – einhergeht. Wenn sich Menschen also fälschlicherweise zu sicher fühlen, ist eine solche Korrektur notwendig. Beide Konzepte bedienen sich dabei unterschiedlicher Methoden, um Verkehrsteilnehmenden eine Orientierung zu geben, die mit den objektiven Gegebenheiten möglichst gut übereinstimmt.
In der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass das Konzept der selbsterklärenden Strasse deutlich allgemeiner zu verstehen ist und insofern im Sinne einer weniger spezifisch orientierten Gesamtgestaltung verschiedene und breit gefächerte Verhaltensweisen zugleich anvisiert. Es könnte beispielsweise bedeuten, dass in der gleichen Verkehrssituation sowohl eine optimale Geschwindigkeitswahl als auch eine angemessenere Aufmerksamkeitslenkung hervorgerufen werden soll. Das wiederum lässt sich mit der Erhöhung des korrekten Verständnisses eines Ortes verknüpfen und damit der Akzeptanz der vor Ort geltenden Verkehrsregeln, was zugleich das Ziel verfolgt, eine Übertragbarkeit auf andere, ähnliche Gegebenheiten zu ermöglichen. Umfassende Verkehrsgestaltungen, die im gleichen Moment auch mehrere Verkehrsteilnahmearten fokussieren, können daher als typische Beispiele selbsterklärender Strassen betrachtet werden, wozu beispielsweise die Konzeptidee des «Durchfahrtswiderstands» [9] gezählt werden könnte, was aber oft ebenso umfassendere Umbauten erfordert wie Konzepte in Anlehnung an Shared Space [10] und FLOZ (Flächiges Queren in Ortszentren; [11]). Zusammenfassend lässt sich daher beschreiben, dass das Konzept der selbsterklärenden Strasse zwar aufwändiger zu realisieren ist als eine verhaltensökonomische Massnahme in der Verkehrssicherheit, dafür aber auch als umfassender im Hinblick auf seine Wirkungsimplikationen betrachtet werden kann.
.Nudging-Massnahmen beispielsweise sind durch ihren spezifischeren und damit kleineren Fokus oft einfacher und günstiger zu realisieren. Typischerweise eignen sich Elemente aus der Verhaltensökonomie nur für einen genau und relativ eng definierten Einsatzbereich, der sich auf vorher genau beschriebene, distinkte Verhaltensweisen beziehen kann, um nicht etwa durch Überladung wirkungslos zu werden. Konkret bedeutet es, dass beispielsweise durch eine solche Massnahme an einem Ort spezifisch einer zu hohen Geschwindigkeit durch motorisierte Verkehrsteilnehmende entgegengewirkt werden soll; oder, dass deren Aufmerksamkeit auf häufig querende Zufussgehende gelenkt werden soll – nicht jedoch beides zugleich. Denn damit müsste befürchtet werden, dass beide Ziele in nichtausreichendem Masse erreicht werden könnten. Insofern – und im Gegensatz zu selbsterklärenden Verkehrsabschnitten – darf eine verhaltensökonomische Massnahme nicht mit Zielen und Wirkmechanismen überfrachtet werden.
Zum Abschluss dieser Gegenüberstellung soll noch auf einen weiteren, nicht-überschneidenden Bereich beider Konzepte eingegangen werden. Denn im Gegensatz zu selbsterklärenden Strassen sind verhaltensökonomische Massnahmen nicht notwendigerweise räumlich gebunden. Als typisches Beispiel können Apps angesehen werden: Ein Teil dieser auf Smartphones installierten Programme könnte zwar beispielsweise das dezidierte Ziel haben, die Geschwindigkeit der Anwendenden in Motorfahrzeugen zu senken – diesen Fokus jedoch losgelöst von spezifischen Orten verfolgen. Ähnliches gilt für Kampagnen, die ebenfalls auf verhaltensökonomischen Prinzipien basieren können, dieses Ziel aber ortsunabhängig erreichen möchten.
.Fokus des folgenden Abschnitts ist ein Überblick über verschiedene Nudging-Techniken zur Erhöhung der Strassenverkehrssicherheit in der Vergangenheit. Zudem soll anhand von Beispielen aufgezeigt werden, wie konkrete Einzelmassnahmen im Strassenverkehr aussehen könnten und welche Aussagen zu deren Wirksamkeit sich auf Basis der bestehenden empirischen Studien ableiten lassen. Nicht alle gefundenen Massnahmen wurden bisher in Bezug auf ihre Wirksamkeit wissenschaftlich überprüft. Wo entsprechende Erkenntnisse noch fehlen, wird dies neben der Beschreibung der Massnahme jeweils vermerkt.
Aktuelle EU-Projekte
Im Rahmen der Literaturrecherche wurden verschiedene kürzlich abgeschlossene EUProjekte mit Fokus auf Nudging in der Verkehrssicherheit identifiziert:
Auf Details zu Einzelmassnahmen, welche im Rahmen dieser Projekte entwickelt und evaluiert wurden sowie auf Massnahmen aus anderen Studien, wird nachfolgend in den entsprechenden Abschnitten noch genauer eingegangen. Die Massnahmen werden wiederum unterteilt in die verschiedenen Nudging-Techniken berichtet, auf die im vorangehenden Abschnitt sowie in Tab. 1 bereits näher eingegangen wurde. Manche Massnahmen machen Gebrauch von mehr als einer Nudging-Technik und können dementsprechend mehreren Kategorien zugeordnet werden. Wo dies aus Sicht des Projektteams der Fall ist, wurde dies jeweils explizit erwähnt.
Tab. 17 enthält eine Übersicht mit den wichtigsten Angaben zu den nachfolgend vorgestellten Evaluationsstudien der Nudging-Massnahmen im Verkehr. Diese dient wiederum der besseren Übersichtlichkeit und soll bei der Beurteilung der Qualität der aufgeführten Studien helfen.
Nachfolgende Abbildung enthält eine Übersicht über Nudging-Techniken, welche nach Einschätzung des Projektteams basierenden auf der Literaturanalyse eine erhöhte Relevanz für den Einsatz in der Verkehrssicherheit aufweisen und zu denen im Strassenverkehr auch bereits konkrete Massnahmen umgesetzt wurden. Die einzelnen Techniken wurden zudem aufgrund ihrer Wirkungsweise grob in vier Oberkategorien zusammengefasst.
Optische Illusionen/Verzerrungen und andere visuelle Nudges
Bei vielen, im Zuge der Literaturrecherche identifizierten Massnahmen werden optische Illusionen gezielt eingesetzt, um die Wahrnehmung der Verkehrsteilnehmenden und in der Folge ihr Verhalten in eine gewünschte Richtung zu beeinflussen. Diese Massnahmen setzen an der Veränderung der Infrastruktur an und sind in der Literatur des Öfteren anzutreffen:
Querstreifen mit abnehmendem Abstand (an Velofahrende gerichtet)
Bei dieser Massnahme werden Querstreifen in zunehmend geringerem Abstand auf die Fahrbahn angebracht (Abb. 3). Es handelt sich hierbei also um eine rein optische Massnahme im Gegensatz zu haptischen Querstreifen, welche beim Überfahren ein Ruckeln verursachen. Durch die Streifen wird die visuelle Wahrnehmung der eigenen Fahrgeschwindigkeit beeinflusst, d.h. es entsteht der Eindruck, dass man zunehmend schneller fahre. Dies wiederum soll dazu führen, dass man die Geschwindigkeit reduziert. Im Rahmen des MeBeSafe-Projekts wurde dieser Nudge bei Velofahrenden getestet ([61],[62],[57]). In den verschiedenen Feldstudien zeigte sich u.a., dass dieser visuelle Nudge die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit im Vergleich zur Baseline ohne Nudge reduzieren konnte. Zudem war die Wirkung des Nudges vergleichbar, unabhängig davon, ob die Velofahrenden diesen bewusst bemerkt hatten oder nicht. Desweiteren konnte gezeigt werden, dass durch diese Massnahme die Aufmerksamkeit der Velofahrenden nicht vom Verkehr abgelenkt wurde.
In einem weiteren Feldversuch wurde die Wirkung der Querstreifen auf die Fahrgeschwindigkeit vor Kreuzungen untersucht [57]. Hier zeigten sich gemischte Resultate: Teilweise wurde die Geschwindigkeit beim Herannahen an Kreuzungen reduziert, teilweise fuhren die Velofahrenden jedoch sogar schneller bei vorhandenen Querstreifen als ohne. Detailanalysen ergaben, dass sich bei Freizeit-Fahrer/innen die Geschwindigkeit durch den Nudge eher reduzierte, bei Velo-Pendlern hingegen eher erhöhte. Zudem wurden unterschiedliche Störgrössen, wie die herrschenden Wetterbedingungen (sonnig/wolkig, unterschiedliche Windstärke und –richtung, d.h. Rückenwind vs. Gegenwind), zur Erklärung der widersprüchlichen Ergebnisse geltend gemacht. Die Wirksamkeit dieses Nudges scheint zudem vom jeweiligen Ort samt den dort herrschenden Bedingungen abhängig zu sein.
Querstreifen mit abnehmendem Abstand (an Motorfahrzeuglenkende gerichtet): Der gleiche Nudge wurde in der Vergangenheit auch bereits auf Auto- strassen bzw. Autobahnen angewendet (Abb. 4), beispielsweise gemäss Thaler und Sunstein [6]: Vor einer engen Kurve in Chicago's Lake Shore Drive wurden entsprechende Querstreifen aufgebracht und die Wirkung auf das Unfallgesche- hen untersucht. In den ersten sechs Monaten nach Anbringen der Streifen wurden im Vergleich zum gleichen Zeitraum ein Jahr davor rund 36 % weniger Unfälle verzeichnet (Damani [63], zitiert nach Thaler und Sunstein [7]). Die Auswirkungen dieses Nudges auf das Fahrverhalten – insbesondere auf die Fahrgeschwindigkeit und die Aufmerksamkeit – wurden hier nicht untersucht.
.Weitere andere visuelle Nudges an die Motorfahrzeuge gerichtet
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Commitment-Nudge
Karten mit Sicherheitsversprechen (“Pledge cards”): Bei dieser Art von Präventionskampagne werden vorher definierte Personengruppen dazu ermutigt, freiwillig ein Versprechen in Bezug auf sicherheitsrelevante Verhaltensweisen abzugeben, dies auf einer Karte festzuhalten und zu unterschreiben. Avineri [68] beschreibt in seinem Überblicksartikel verschiedene solcher Aktionen: Beispielsweise wurden Neulenkende von der Israeli Association for Safer Driving ([82]; Originalbeitrag nur in häbräischer Sprache verfügbar; zitiert nach Avineri [68]) dazu ermutigt, freiwillig das Versprechen abzugeben, nicht unter Alkoholeinfluss zu fahren und auch bei ihren Freunden darauf zu achten, dass diese nicht fahren, wenn sie Alkohol getrunken hatten. Leider liegen keine Angaben zur Wirksamkeit dieser Intervention vor.
Vereinfachung (simplification)
Geschwindigkeitsdisplays mit Smileys: Bei dieser Massnahme wird Fahzeuglenkenden ein unmittelbares Feedback zur gefahrenen Geschwindigkeit gegeben (z.B. numerische Angabe in km/h). Dies wird manchmal kombiniert oder ersetzt durch Smileys (lachend vs. traurig) und häufig zusätzlich noch durch eine Farbkodierung (z.B. grün = Geschwindigkeit ok, rot = Tempolimit überschritten) ergänzt. Ein Beispiel ist in Abb. 13 dargestellt. Teilweise werden sie auch mit gelben Blinklichtern kombiniert. Nebst der Vereinfachung der Botschaft wird gleichzeitig auch die injunktive soziale Norm aktiviert, welches Verhalten – oder im konkreten Fall – welche Geschwindigkeit in der spezifischen Situation erlaubt bzw. sozial akzeptabel ist.
Die Wirkung solcher Smiley-Feedbacks auf die gefahrene Geschwindigkeit wurde in verschiedenen Studien untersucht. So fanden Malin und Luoma [83] in Feldversuchen an Fussgängerkreuzungen in 40 km/h-Zonen in Finnland, dass sich die beobachtete Geschwindigkeit nach Installation der Smiley-Displays im Vergleich zu davor um durchschnittlich 0.5 2.9 km/h reduzierte. Dieser Effekt blieb sowohl kurzals auch längerfristig (eine Woche nach Entfernen der Displays) bestehen. Ebenfalls konnte eine Reduktion des Anteils an Geschwindigkeitsüberschreitungen durch die Massnahme festgestellt werden. Die Autoren kamen zum Schluss, dass sich durch den beobachteten Effekt auf das Geschwindigkeitsverhalten eine Reduktion des Risikos für tödliche Unfälle von Zufussgehenden von 4 – 22 % erreichen liesse. Eine deutsche Analyse ergab ebenfalls, dass derartige Anzeigen das Geschwindigkeitsverhalten der Motorfahrzeuglenkenden an Fussgängerstreifen deutlich verbessern [84]. Die BASt wies in der Befragung von Expertinnen und Experten (siehe Kapitel 2.2.1) darauf hin, dass die Effekte nur über mehrere Monate nach der Installation ausgewertet wurden und dass solche Studien eine grössere Anzahl von Kreuzungen auswerten müssten. In einer belgischen Studie wurde die Wirkung von Smiley-Displays an Übergangszonen von 70 km/h zu 50 km/h in einer Fahrsimulatorstudie untersucht [85]. Neben Geschwindigkeitsfeedback mit Smileys führten auch kurze Statements wie “You are speeding!” (“Sie fahren zu schnell!”) bzw. “Thank you” wenn innerhalb des Tempolimits gefahren wurde, sowie eine Warnung (“Achtung Geschwindigkeitskontrolle!) zu einer durchschnittlichen Reduktion der Geschwindigkeit um 1.2 bis 3.2 km/h im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die kein Feedback erhielt. Die Wirkung der Smileys wurde kurzfristig im Bereich 50 m vor bis 100 m nach dem Display festgestellt, ging aber nicht darüber hinaus. Allerding werden derartige Displays in der Praxis ohnehin punktuell an Stellen eingesetzt, an denen insbesondere eine unmittelbare Wirkung wichtig ist (z.B. vor Schulen).
Reibungskosten (Friction cost) / Veränderung des wahrgenommenen Aufwands
Countdown-Ampeln
Bei einer Countdown-Ampel (CDA) wird neben dem eigentlichen Lichtsignal (z.B. Rotoder Grünphase) zudem ein Countdown angezeigt, welcher die verbleibenden Zeit angibt, bis die Ampel umschaltet. In der Literatur finden sich verschiedene Arten (von Rotzu Grünphase und/oder umgekehrt) und Gestaltungsformen (numerische Countdowns mit Sekundenzahlen, die herunterzählen; graphische Countdown-Ampeln, z.B. mit vertikal von oben nach unten abnehmender Anzahl Punkten oder mit im Uhrzeigersinn verlaufenden Punkten; Countdowns in Form von mit LED-Lichtern eingefärbten Strassenoberflächen oder mit LED-Streifen am rechten Rand, welcher immer kürzer wird, je kürzer die Grünphase noch andauert). Zur sicherheitsförderlichen Wirkung von CDAs liegen in der Forschung kontroverse Ergebnisse vor:
Countdown-Ampeln für Velofahrende
Die Wirkung von Countdown-Ampeln auf das Verhalten von Velofahrenden wurde u.a. im Rahmen des XCYCLE-Projekts untersucht. Nygårdhs [58] führte dazu einen Vorher-Nachher-Vergleich (mit vs. ohne Countdown-Ampel von Rot auf Grün) an einer Kreuzung im Realverkehr durch. Die Ergebnisse zeigten im Vergleich zu einer konventionellen Lichtsignalanlage einerseits insofern eine Verbesserung, als dass Velofahrende im Schnitt langsamer an die Kreuzung heranfuhren, wenn eine CDA aktiv war. Allerdings konnten gleichzeitig auch negative Effekte auf die Verkehrssicherheit beobachtet werden. So nahm die Anzahl Rotlichtmissachtungen von 16 % (ohne CDA) auf 36 % (mit CDA) zu, was insbesondere auf ein zu frühes Losfahren noch während der Rotphase zurückzuführen ist. Die Autoren kamen zum Schluss, dass Velofahrende die Information der CDA zwar nutzten, um effizienter unterwegs zu sein, es sich jedoch weniger auf das Einhalten sicherheitsrelevanter Verkehrsregeln auswirkte. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch eine chinesische Studie mit E-Bike-Fahrenden [87]: Zwar reduzierte sich die Anzahl Rotlichtmissachtungen (ohne Anhalten bei Rot über die Kreuzung gefahren), jedoch wurden ebenfalls deutlich mehr Frühstarts noch während der Rotphase beobachtet.
Countdown-Ampeln für Autos
Auch für Motorfahrzeuge werden Countdown-Ampeln eingesetzt und deren Wirkung in Studien untersucht. So konnten z.B. Klos et al. (2020) in ihrer Studie einen positiven Effekt auf das Verhalten von Autofahrer/innen beobachten: An drei Kreuzungen zeigte sich während des Beobachtungszeitraums von einer Woche eine Verringerung der Rotlicht-Missachtungen zwischen 2332 % mit im Vergleich zu ohne CDA. Im Rahmen einer Pilotstudie in Hamburg wurden Restrotanzeigen von der Verwaltung eher kritisch beurteilt. Einer Reduzierung der kritschen Überfahrten stand eine Erhöhung des Frühfahranteils entgegen. Hinzu kommen nicht unerhebliche Kosten, was zu ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnissen führte [88].
Countdown-Ampeln für Zufussgehende
CDAs – sowohl in Form von Restrotals auch Restgrünanzeigen – werden ebenfalls eingesetzt, um den Fussverkehr zu regeln. In Deutschland wurde im Jahr 2005 z.B. die erste an Zufussgehende gerichtete Restrotanzeige in Hamburg in Betrieb genommen und auf ihre Wirkung hin überprüft [89]. Ein Vorher-Nachher-Vergleich zeigte, dass der Anteil an Zufussgehenden, die bei rot querten (Rotläufer) von 21.0 % (ohne CDA) auf 16.7 % (mit CDA) abnahm. Die Wartebereitschaft variierte dabei je nach Ort und in Richtung welches Ziels die Zufussgehenden unterwegs waren. In Befragungen konnte auch ein positiver Effekt auf die Wartebereitschaft verzeichnet werden: So stieg der Anteil an Personen, die die Wartezeit an der Ampel als zumutbar einschätzten mit CDA (81 %) im Vergleich zu ohne (76 %) an. Zudem gaben 33 % der Befragten an, den Wartevorgang bei aktiver CDA mit grösserer Gelassenheit zu begegnen. Laut Celikkan et al. [90] konnten trotz der positiven Verhaltenseffekte keine Veränderungen im Unfallgeschehen festgestellt werden.
Grüne Welle für Velos
Im Rahmen des XCYCLE-Projekts wurde diese an Velos gerichtete Massnahme in den Niederlanden getestet ([59],[60]). Bei der grünen Welle wird eine Reihe von Countdown-Ampeln an aufeinander folgenden Kreuzungen synchronisiert. Durch die Abstimmung der Ampeln kann eine bestimmte, angemessene Geschwindigkeit vorgegeben werden, die erforderlich ist, um die grüne Welle nutzen zu können, d.h. um ohne anzuhalten mehrere aufeinander folgende Kreuzungen bei Grün durchfahren zu können. Durch diese Massnahme sollen Sicherheit und Komfort von Velofahrenden – und manchmal auch von Fahrzeuglenkenden – erhöht und kürzere Wartezeiten erreicht werden. Während mithilfe von entsprechenden Konzepten für Motorfahrzeuglenkende ab den 1950er Jahren in Europa primär der Verkehrsfluss erhöht werden sollte, wird inzwischen mit Blick auf Velofahrende das Ziel verfolgt, die umweltfreundliche Mobilitätsform des Velofahrens attraktiver zu machen. Ihlström et al. [60] führten eine kombinierte Studie mit Verhaltensbeobachtung sowie Befragung von Velofahrenden durch. Es zeigten sich keine signifikanten Veränderungen bezüglich Rotlichtmissachtungen mit im Vergleich zu ohne Grüne Welle. Jedoch nahm der Anteil an Velofahrenden, die ohne warten zu müssen über die Kreuzung fuhren, etwas zu (um 6 % in Zeiten mit viel Verkehr, um 3 % in ruhigen Zeiten). Auch die Wartezeiten der Velofahrenden verkürzte sich mit der Grünen Welle (um durchschnittlich ca. 9 Sekunden). Zudem zeigte sich, dass mit Grüner Welle die Geschwindigkeit beim Heranfahren früher reduziert wurde bzw. dass sich die mittlere Distanz zur Kreuzung, bei der nicht mehr in die Pedale getreten wurde, erhöhte. Dieser Effekt trat in Zeiten mit viel Verkehr noch stärker ein.
Die begleitende Befragung von Testfahrer/innen ergab in Bezug auf die Sicherheit zwar eine tendenzielle Erhöhung der Rotlichtmissachtungen während die Grüne Welle aktiv war, jedoch war das Ergebnis statistisch knapp nicht signifikant. Dies weist darauf hin, dass das Anbringen einer Grünen Welle potenziell auch zu einer Zunahme an Rotlichtverletzungen führen könnte, wenn sich Velofahrende gegen Ende des Countdowns zu frühzeitigem Starten ermutigt fühlen.
Prompts (Hinweisreize zum optimalen Zeitpunkt)
Eingefärbte Velostreifen: Bei diesem Nudge wird der Asphalt von Velostreifen (meist in rot) eingefärbt. Die Einfärbung kann entweder durchgängig erfolgen (ganze Strecken) oder nur punktuell (z.B. an kritischen Stellen oder Knotenpunkten) umgesetzt werden, um gefährliche Bereiche mit hohem Konfliktpotenzial besonders hervorzuheben und davor zu warnen.
Bei durchgängig eingefärbten Velostreifen soll die stärkere Hervorhebung Velofahrende dazu anregen, die vergleichsweise sichereren Velostreifen stärker zu nutzen statt auf der Fahrbahn des übrigen Verkehrs zu fahren. Vor allem aber soll die Einfärbung bewirken, dass Autofahrende nicht auf diesen Wegen anhalten und einen grösseren seitlichen Abstand zu Radfahrenden einhalten. In einer Studie aus Oslo [91] wurde die Wirkung einer roten Einfärbung von Velostreifen in einem Vorher-Nachher-Vergleich u.a. durch Verhaltensbeobachtung und Vor-Ort-Befragungen untersucht. In Bezug auf das Verhalten der Autofahrer/innen zeigte sich, dass Personen häufiger ausserhalb des Velogwegs anhielten, wenn dieser rot eingefärbt war. Zudem erhöhte sich der seitliche Abstand zum Velostreifen beim Vorbeifahren bei Einfärbung um im Schnitt ca. 10 cm und der Anteil an sehr geringen Abständen verringerte sich. Der mittlere Überholabstand erhöhte sich tendenziell, der Unterschied wurde statistisch allerdings nicht signifikant, was die Autoren darauf zurückführen, dass während der Beobachtungszeiträume die Anzahl der Überholvorgänge jeweils zu gering war. In Bezug auf das Verhalten der Velofahrer/innen zeigten die Beobachtungen, dass der Anteil an Velos, welche den Velostreifen nutzten, von rund 76 % (ohne Einfärbung) auf 86 % (mit Einfärbung) zunahm. Zudem fuhren die Velofahrenden deutlich seltener auf dem Trottoir, was ansonsten in Norwegen, wo die Untersuchung durchgeführt wurde, erlaubt gewesen wäre. Befragungen von Velofahrerinnen und Velofahrern ergaben, dass rot eingefärbe Velostreifen – im Gegensatz zu konventionellen – als sicherer und besser sichtbar wahrgenommen wurden.
In verschiedenen Ländern wurden bereits unterschiedliche Farben für die Einfärbung von Velostreifen verwendet (z.B. rot, blau oder grün). In einer Studie von Karlsen und Fyhri [92] wurde untersucht, wie die einzelnen Farben sowie eingefärbte im Vergleich zu nicht-eingefärbten Velostreifen von Velound Autofahrenden wahrgenommen werden. Im Vergleich zu farbigen Velostreifen wurden nicht-eingefärbte Velostreifen sowohl von Velofahrenden als auch Autofahrenden als weniger sicher und weniger gut sichtbar eingeschätzt. Zudem empfanden Velofahrende diese auch als deutlich weniger einladend zum Fahren. Ein Vergleich der einzelnen Farben zeigte, dass rote und grüne Velostreifen insgesamt positiver eingeschätzt wurden als blau eingefärbte. In einer weiteren Studie, durchgeführt in einer suburbanen Region in den USA, wurde die Wirkung von grün eingefärbten Velostreifen untersucht [93]. Nach der Einfärbung der Velostreifen konnten eine Reduktion der Geschwindigkeit sowie eine Erhöhung der Überholabstände der vorbeifahrenden Autos verzeichnet werden. Zudem zeigte sich, dass die Autofahrenden weniger oft auf dem Velostreifen fuhren und sich insgesamt mehr in der Mitte ihrer Fahrspur bewegten.
In einer weiteren Pilotstudie im Auftrag der Stadt München [94] wurde ebenfalls die durchgängige Roteinfärbung von Velostreifen evaluiert. Es wurden dabei durchgängig eingefärbte Velostreifen mit Kontrollorten verglichen, an denen die Velostreifen nur an wenigen kritischen Punkten oder gar nicht rot eingefärbt waren. In den durchgeführten Verhaltensbeobachtungen zeigten sich keine grossen Unterschiede in Abhängigkeit der Einfärbung – in der Studie wurden allerdings keine Signifikanzen und auch keine Effektstärken berichtet. Die Autoren weisen dennoch darauf hin, dass es tendenzielle Unterschiede gab: So fuhren Velofahrende auf eingefärbten Velowegen tendenziell etwas langsamer und Autofahrende überholten mit geringerer Geschwindigkeit. Zudem kam es mit Einfärbung tendenziell auch zu weniger Behinderungen des Veloverkehrs (z.B. durch Falschparkende). Basierend auf ihrer Pilotstudie sowie unter Einbezug von Informationen aus Regelwerken sowie jüngeren Forschungsarbeiten der Forschungsgesellschaft für Strassenund Verkehrswesen FGSV kommen die Autoren zum Schluss, dass Roteinfäbrungen eher auf die typischen Konfliktstellen an Knoten (vor allem an Kreisverkehren) beschränkt bleiben sollten. Es herrscht eine gewisse Skepsis gegenüber der flächendeckenden Einfärbung. Laut den Autoren ist eine flächendeckende Untersuchung nötig, um einen entsprechenden empirischen Unterbau zu schaffen.
Müdigkeitswarner in Fahrzeugen
Eines der aktuell oft in Fahrzeugen verbauten Systeme dient der Müdigkeitserkennung und der Warnung bei Anzeichen von Müdigkeit. Basierend auf Veränderungen des Fahrverhaltens und/oder der Fahreraktivität, welche zuweilen mithilfe von Sensoren und/oder der Fahrzeugkamera erkannt werden, wird eine Müdigkeitswarnung ausgelöst. Diese kann z.B. darin bestehen, dass eine Mitteilung am Armaturenbrett angezeigt wird (z.B. Müdigkeit erkannt. Bitte Pause”), manchmal kombiniert mit einem Kaffeetassen-Symbol. Die Warnung kann auch akustisch und/oder haptisch (z.B. durch Vibrieren des Steuerrads) begleitet werden. Bezüglich der Wirksamkeit wird vorausgesetzt, dass die bestehenden Systeme die Müdigkeit zuverlässig erkennen und nicht zu häufig falsch warnen, da dies für das Vertrauen in diese Systeme wichtig ist (Krüger & Hargutt, [95] zitiert nach Hertach et al. [96]; kein Zugriff auf Originalquelle).
Studien zufolge könnte durch Müdigkeitswarnsysteme die Zahl der getöteten Personen um bis zu 5 % und die Zahl der schwerverletzten Personen um bis zu 3 % reduziert werden ([97],[98] zitiert nach Hertach et al. [96]). Allerdings ist das Vertrauen der Autofahrerinnen und Autofahrer in diese Systeme nicht unbedingt hoch: So gaben in einer Umfrage in Deutschland ca. 2/3 der Befragten an, das letzte Mal bei einer Müdigkeitswarnung nicht darauf reagiert zu haben [99]. Auch von denjenigen Personen, die die Warnung in dem Moment für gerechtfertigt hielten und sich entsprechend müde fühlten, berichteten immer noch rund 59 %, nicht auf die Warnung reagiert und entsprechend eine Pause eingelegt zu haben. Ein häufig genannter Grund für das Nicht-Anhalten war, dass man zu dem Zeitpunkt schon fast am Ziel gewesen sei.
Füessli: Bei dieser Markierung werden gelbe Füsse bzw. Schuhabdrücke an Stellen auf der Strasse aufgemalt (siehe Abb. 14), die für Zufussgehende zum sicheren Queren besonders gut geeignet sind (BFU, [100]. So bieten die entsprechenden Stellen z.B. grösstmögliche Sichtweite auf den Verkehr oder eine ausreichende Beleuchtung. Die Füsschen sind so gestaltet, dass sie zum Warten auffordern und damit dazu animieren, sich vor dem Queren einen Überblick über die Verkehrssituation zu verschaffen. Dieser in der Schweiz bereits implementierte Nudge wurde bisher noch nicht wissenschaftlich auf seine Wirkung hin untersucht.
Toter Winkel-Aufkleber auf LKWs & Wohnmobilen
Bei dieser in Frankreich seit 01.01.2021 obligatorischen Massnahme sind LkWs, Busse und Wohnmobile über 3.5 t verpflichtet, an drei kritischen Stellen am Fahrzeug Aufkleber mit Hinweisen zum toten Winkel anzubringen (“ACHTUNG. Toter Winkel”; siehe Abb. 15). Diese Hinweise sollen insbesondere vulnerablen Verkehrsteilnehmenden bewusst machen, dass sie sich möglicherweise aktuell im toten Winkel des Fahrzeugs befinden und der Fahrer/die Fahrerin sie nicht sehen kann. Somit soll der Aufkleber das Bewusstsein für Gefahren erhöhen und die Situationseinschätzung verbessern. Auf Basis der Literaturanalyse sind bislang keine Studien bekannt, die die Wirkung des Toter-Winkel Aufklebers auf das Verhalten von Verkehrsteilnehmenden untersucht haben.
Hinweis "Fahranfänger/in" auf der Heckklappe
Ein weiteres Beispiel für eine Massnahme, welche die Situationseinschätzung der anderen Verkehrsteilnehmenden verbessern und die Auswirkung allfälliger Fahrfehler mindern soll, sind Hinweise, welche Fahranfänger und Fahranfängerinnen am Fahrzeug anbringen können. In Frankreich ist ein solcher Hinweis in Form eines Stickers mit rotem A für “Apprenti conducteur” (Fahranfänger/in) in den ersten zwei bis drei Jahren nach Bestehen der praktischen Fahrprüfung obligatorisch (siehe Abb. 16). Dieser muss an der Heckscheibe angebracht werden. In anderen Ländern kann ein solcher Hinweis auf freiwilliger Basis angebracht werden, wobei es in Bezug auf die Gestaltung des Stickers ganz unterschiedliche Ausführungen gibt.
Mienert [102]–[105] fokussiert in seinen Beiträgen weniger die Aussenwahrnehmung durch andere Verkehrsteilnehmenden sondern die Bedeutung eines solchen Aufklebers am Fahrzeug von Neulenkenden selbst. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass das Anbringen eines entsprechenden Hinweises – wohl am ehesten im Sinne eines Priming-Reizes – nützlich sein kann, um bei Jungelenkenden eine kritische Selbstwahrnehmung und damit verbunden eine sicherheitsgerechtere Fahrweise zu fördern. Darüber hinaus sind keine Studien bekannt, welche die Wirkung dieses Nudges auf die Wahrnehmung oder das Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmenden untersucht haben.
Bodenmarkierungen mit Velo-Piktogrammen und richtungsweisenden Pfeilen
(“Sharrows”; siehe Abb. 17): Diese Massnahme verfolgt zwei Ziele: Einerseits sollen Velofahrende auf die Gefahr von Dooring-Unfällen (Kollisionen mit sich plötzlich öffnenden Autotüren von parkenden bzw. haltenden Autos) aufmerksam gemacht und diese dadurch reduziert werden. Dies erfolgt unter der Annahme, dass Velofahrende aufgrund der Sharrows seitlich mehr Abstand zu parkenden oder wartenden Fahrzeugen halten. Andererseits sollen Sharrows auch das Bewusstsein von Autofahrenden für die Präsenz von Velofahrenden erhöhen und dadurch deren Aufmerksamkeit steigern.
In einer Studie des KFV aus Österreich [107] wurde zunächst untersucht, was Velofahrende bzw. Autofahrende glauben, was Sharrows konkret bedeuten, wenn man ihnen ein Bild zeigt. Die Ergebnisse machten deutlich, dass doch noch relativ viele Unsicherheiten – zumindest bei einem Teil der Verkehrsteilnehmenden – hinsichtlich der Bedeutung von Sharrows bestehen. Aufgrund von Beobachtungen kam das Autorenteam aber zum Schluss, dass Sharrows einen positiven Einfluss auf die Wahl der Fahrlinie der Velofahrenden haben können.
Zur Wirkung von Sharrows ergaben sich in der Literatur gemischte Forschungsergebnisse. Ein Vorher-Nachher-Vergleich (ohne vs. mit Sharrow-Markierungen) in Neuseeland [108] konnte eine positive Wirkung auf das Verhalten von Velofahrenden zeigen. Diese hielten mit den Markierungen deutlich grössere seitliche Abstände zum Strassenrand. In einer norwegischen Studie [109] wurde keine Veränderungen der seitlichen Abstände von Velofahrenden gefunden. Allerdings verringerte sich in dieser Feldstudie der Anteil an Velofahrenden, welche auf dem Trottoir fuhren. Dies zeigte zusammen mit den Ergebnissen einer begleitenden Befragung, dass Sharrows dazu beitragen, dass Velofahrende diese Orte als sicherer einschätzen [109]. Knoflacher [110] konnte in einer Untersuchung in Wien feststellen, dass sich die Überholabstände von Autos gegenüber Velofahrenden nach Anbringen von Velopiktogrammen mit Pfeil etwas erhöhten (zwischen +3 bis +17 cm).
Ferenchak und Marshall [111] untersuchten in ihrer Studie die Langzeitwirkung von Sharrows in Bezug auf Velounfälle (allgemein und Dooring-Unfälle). Hier zeigte sich ein negativer Effekt von Sharrows insofern, dass Orte mit Sharrows eine grössere Zunahme an Velounfällen aufwiesen als Orte mit Velostreifen oder gar keiner Markierung. Somit besteht offenbar noch Forschungsbedarf, um die Wirkung von Sharrows auf die Verkehrssicherheit abschliessend zu klären.
Oranges Velo-Warnsignal für rechtsabbiegende Autofahrende
Dieses Signal wird an Kreuzungen installiert, um das Risiko für Kollisionen zwischen rechtsabbiegenden Autos und geradeaus fahrenden Velos zu reduzieren. Das im Rahmen des XCYCLE-Projekts getestete Signal leuchtet dabei jeweils konstant orange oder blinkt, je nachdem wie hoch das Risiko für eine Kollision durch ein Infrastruktur-Erkennungssystem eingestuft wird (siehe Abb. 18). Im Rahmen des XCYCLE-Projekts [60] wurde die Wirkung des Signals anhand von Beobachtungsund Befragungsstudien untersucht. Dabei zeigte die Konfliktanalyse mittels Videobeobachtungen auf, dass schwere Konflikte nach Installation des Warnsignals abnahmen. Allerdings nahm gleichzeitig die mittlere Geschwindigkeit bei Herannahen an die Kreuzung leicht zu (im Schnitt +1.5 km/h). Was die subjektive Wahrnehmung der Velofahrenden betrifft, gaben diese wiederum an, dass sich Fahrzeuglenkende nach Anbringen des Warnlichts mit geringerer Geschwindigkeit der Kreuzung näherten und weniger kritische Situationen an diesem Punkt erlebt wurden. Die Autofahrenden gaben an, dass sie häufiger nach Velos schauten, anhielten, bevor sie dort abbogen und auch weniger kritische Begegnungen erlebt hatten.
In-vehicle Nudge (Lenkung der Aufmerksamkeit von Autofahrenden auf kreuzende Velos)
Dieser in Fahrzeugen eingesetzte Nudge wurde im Rahmen des EU-Projektes MeBeSafe evaluiert [57]. Ziel ist es, die Aufmerksamkeit von Fahrzeuglenkenden auf querende Velofahrende zu lenken. Dies geschieht durch eine Projektion in der Windschutzscheibe: Die Fahrbahn wird dabei in Form einer grünen Linie entlang der Strasse dargestellt. Sobald sich ein Velofahrer oder eine Velofahrerin nähert –betrachtet wurden hier ca. 6 Sekunden vor der Kreuzung –, erscheint aus der entsprechenden Richtung eine visuelle Einkerbung und der betroffene Abschnitt der projizierten Fahrbahn wechselt auf die Farbe Rot (siehe Abb. 19, links). Je mehr man sich der potenziellen Gefahr näherert, umso grösser wird das Symbol angezeigt und umso intensiver wird die rote Farbe. In einem Feldversuch wurde der Nudge mithilfe eines Smartphones mit reflektierendem Spiegel auf die Windschutzscheibe projiziert (siehe Abb. 19, rechts).
Die Wirkung auf die Fahrgeschwindigkeit bei Annäherung an die Kreuzung und das Blickverhalten wurden im Realverkehr getestet. Circa 56 % der 22 Testfahrer/innen schauten mit Nudge länger in Richtung der herannahenden Velos. Rund 64 % reduzierten in 50km/hZonen ihre Geschwindigkeit beim Herannahen an die Kreuzung aufgrund des Nudges im Schnitt um ca. 1 km/h. In 30km/h-Zonen zeigte sich kein signifikanter Effekt auf die Fahrgeschwindigkeit. Auf individueller Ebene wurden teilweise grosse Unterschiede in der Wirkung beobachtet, sowohl in die positive als auch in die negative Richtung. Insgesamt ist die Wirkung dieses Nudges somit als eher gering einzustufen und könnte – zumindest bei manchen Personen – sogar dazu führen, dass weniger nach querenden Velofahrenden Ausschau gehalten wird.
Warnsystem in LKW zur Vermeidung von Velounfällen (“In-truck Warnsystem”)
Bei diesem Nudge handelt es sich um ein Warnsystem, um Velounfälle durch Übersehen beim Rechtsabbiegen aufgrund des toten Winkels zu vermeiden (Xcycle-Projekt, [60]). Dabei wird die LKW lenkende Person mittels LED-Licht und Warnton (Veloglocken-Ton) darauf aufmerksam gemacht, wenn sich ein Velo im toten Winkel befindet (siehe Abb. 20). Das System verfügt über vier Warnstufen in Abhängigkeit der Grösse der Gefahr.
Das Warnsystem wurde in Form von Fokusgruppen-Diskussionen mit Velofahrenden und LKW-Fahrer/innen evaluiert. Im Allgemeinen wurde ein solches Warnsystem von beiden Gruppen als positiv empfunden. LKW-Fahrer/innen äusserten allerdings insofern Bedenken, als durch die Vielzahl an Fahrassistenzsystemen in LKW eie Überlastung entstehen könnte. Sowohl bei den Velofahrenden als auch den LKW-Fahrer/innen war die Frage der Zuverlässigkeit des Systems zentral (“Erkennt das System immer zuverlässig, wenn sich ein Velofahrender im toten Winkel befindet?”). Die LKW-Fahrer/innen diskutierten zudem die Gefahr, sich zu stark auf das System zu verlassen (over-trust bzw. over-reliance) und somit doch Velofahrende zu übersehen.
Verkehrsschilder mit Kinderbuchfiguren
In Tempo-30-Zonen wurden vom Niederländischen Institut für Strassenverkehrssicherheitsforschung (SWOV) in je fünf Quartieren in den Niederlanden Verkehrsschilder mit Kinderbuch-Illustrationen (z.B. Kind auf Dreirad; siehe Abb. 21) positioniert und vergleichbaren 30er Zonen ohne Schilder gegenübergestellt [113]. Durch diese Massnahme sollte das Bewusstsein für die Präsenz von Kindern gefördert und die Geschwindigkeit von Fahrzeugen gesenkt werden. Beobachtungen zeigten kurzfristig einen positiven Effekt sowohl auf die mittlere Fahrgeschwindigkeit (durchschnittliche Abnahme um 0.75 km/h) als auch auf die V852 (durchschnittliche Abnahme um 1.5 km/h). Zudem sank der Anteil an Geschwindigkeitsüberschreitungen um ca. 5 %. Allerdings zeigte sich keine längerfristig anhaltende Wirkung, weder solange die Schilder noch vor Ort waren (nach zwei Wochen), noch nach deren Entfernung.
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Sticker in der Windschutzscheibe als Erinnerung, während des Fahrens nicht das Handy zu nutzen
Bei dieser an Privatlenker/innen gerichteten Massnahme wurden Aufkleber mit dem Spruch “Fahre im Augenblick” (Drive in the moment) an der Windschutzscheibe fahrerseitig und von innen für die fahrzeuglenkende Person lesbar angebracht ([114]; siehe Abb. 22). Diese sollten während des Fahrens daran erinnern, das Handy nicht zu nutzen.
Die Wirkung dieses Stickers wurde mit 104 Studierenden in Florida untersucht, welche zufällig entweder einen Sticker auf ihrer Windschutzscheibe erhielten oder nicht (Kontrollgruppe). Die Ergebnisse einer Vorher-Nachher-Befragung zeigten eine positive Wirkung auf das selbst-berichtete Verhalten, insofern als Personen, die den Sticker angebracht hatten angaben, weniger häufig Textnachrichten beim Fahren zu versenden, Texte zu lesen oder Social Media zu nutzen. Da es sich hierbei um subjektive Angaben handelt, sind Verzerrungen möglich und ohne die Beurteilung objektiverer Verhaltensmasse nur bedingt aussagekräftig.
Signalisation mit LED-Lichtern im Boden
Diese Art der Signalisation wurde bewusst der Blickrichtung angepasst, wie sie z.B. für Smartphone-Nutzende typisch ist ein Beispiel ist in Abb. 23 dargestellt. Dadurch soll die Aufmerksamkeit von Personen, die Richtung Boden schauen, auf die Signalisation an Kreuzungen oder Bahnübergängen gelenkt werden. In einem Laborversuch untersuchten Larue et al. [115] die Wirkung von im Boden installierten Blinklichtern. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass visuell und auditiv abgelenkte Personen ähnlich schnell auf die im Boden installierten LED-Lichtsignale reagierten, wie dies bei nicht-abgelenkten Personen in Bezug auf LED-Lichtsignale an der gegenüberliegenden Wand der Fall war. Dies weist darauf hin, dass eine zusätzliche Signalisation am Boden effektiv sein könnte, um die Aufmerksamkeit von Zufussgehenden zu erreichen und diese vor Gefahren zu warnen, auch wenn sie zu Boden schauen.
Bodenbeschriftung (“LOOK RIGHT / LOOK LEFT”) mit Pfeil in Richtung des nahenden Querverkehrs
Dieser Sicherheitshinweis wird u.a. auf Strassen in London angewendet, um die Aufmerksamkeit insbesondere von ortsunkundigen Touristen, welche nicht an den Linksverkehr gewöhnt sind, in Richtung des nahenden Querverkehrs zu lenken. Dadurch sollen Unfälle durch Kollisionen mit motorisiertem Verkehr aufgrund einer falschen Blickrichtung vorgebeugt werden.
Auf Basis der Literaturrecherche konnten keine Studien gefunden werden, welche die Wirkung dieser Massnahme auf das Verhalten der Zufussgehenden oder das Unfallgeschehen wissenschaftlich evaluiert haben.
Auf dem Boden vor Zebrastreifen aufgedruckte Aussage zur Erinnerung, beim Queren nicht aufs Handy zu schauen: Bei dieser in Kalifornien eingesetzten Massnahme [116], wurden an vier Fussgängerstreifen in der Nähe einer Schule und eines Spitals der Spruch “Kopf hoch, Handy runter” (Heads up, phones down) aufgedruckt (siehe Abb. 24). Um die Aufmerksamkeit noch mehr auf den Appell zu lenken, wurde zusätzlich eine gelbe, rechteckige Fläche aufgemalt. Die Idee hinter dieser Massnahme war, insbesondere die Aufmerksamkeit von Personen zu gewinnen, die beim Überqueren der Strasse durch das Handy abgelenkten sind und deren Blick typischerweise in Richtung auf das Handy und damit nahe des Bodens gerichtet ist.
Um die Wirkung der Massnahme zu untersuchen, wurde die Ablenkung durch das Handy an den entsprechenden Fussgängerstreifen vor, eine Woche und vier Monate nach Anbringen des Appells durch geschulte Beobachter erfasst. Es zeigte sich insgesamt zwar eine kurzfristige Reduktion der Ablenkungen durch das Handy sowohl bei Erwachsenen als auch Kindern, jedoch hielt diese längerfristig nicht an. Einzig in Bezug auf das Schreiben von Nachrichten konnte bei den beobachteten Erwachsenen auch noch nach vier Monaten ein Effekt beobachtet werden. In Bezug auf anderweitige Ablenkungen durch das Handy (z.B. Telefonieren, Musikhören mit Kopfhörern) ergab sich nach vier Monaten keine Veränderung, wobei allerdings diese Tätigkeiten durch den Appell auch nicht explizit angesprochen worden waren.
Präventionskampagne zur Förderung des Gurtentragens in Schulbussen: Diese von der Fondation MAIF in französischen Schulbussen durchgeführte Massnahme richtete sich an Jugendliche im Alter zwischen 11 und 19 Jahren und hatte zum Ziel, deren Bewusstsein für die Wichtigkeit des Gurtentragens zu erhöhen [117],[118]. Zudem sollte das Gurtentragen für diese Altersgruppe attraktiver gemacht werden. Zu diesem Zweck wurden in den Schulbussen verschiedene Anpassungen vorgenommen: Neben speziell ansprechend (“cool”) gestalteten Sitzbezügen und Sicherheitsgurten (Steigerung der Attraktivität; siehe Abb. 25), wurde ein eingängiger Spruch kreiert “BIP PAF CLIC” (im Deutschen etwa “BEEP, PAFF, KLICK”, wobei jedes Wort den Ton der erforderlichen Handlung beim Einsteigen in den Bus entspricht (Karte validieren, sich setzen, Sitzgurte schliessen). Eine Evaluation der Massnahme zeigte, dass sich durch das Nudging mehr als doppelt so viele Schülerinnen und Schüler im Bus anschnallten (fast 24 %) als ohne Nudge (10 %).
Gamification
Diese Art der Beeinflussung tritt im Strassenverkehr bisher häufig in Form von Apps für das Smartphone oder Tablet auf.
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In einigen wenigen Studien wurde neben der potenziellen Wirksamkeit in Bezug auf ein sichereres Verhalten im Strassenverkehr auch die Akzeptanz dieser Massnahmen bei den genudgten Verkehrsteilnehmenden untersucht.
Anhand der bisherigen Forschung dazu lässt sich zusammenfassend sagen, dass Nudging-Massnahmen mehrheitlich als positiv und nützlich für die Verkehrssicherheit bewertet werden – insbesondere dann, wenn diese nur minimal eingreifend und leicht zu umgehen sind.
Eine Ausnahme bilden z.B. haptische Rüttelstreifen. Diese werden von Velofahrenden eher als Gefahr und als unangenehm bewertet [62]. Rüttelstreifen für Autofahrende stossen wegen erhöhten Lärmemissionen bei den Anwohnenden auch nicht immer auf Akzeptanz [127]. Es ist allerdings strittig, ob haptische Rüttelstreifen gemäss der Definition überhaupt als Nudging betrachtet werden können, da man diesen nicht ausweichen kann. Bei den Countdown-Ampeln hingegen wurde von befragten Velofahrenden beispielsweise positiv hervorgehoben, dass diese nützlich seien und den Frust des Wartens an der Ampel reduzierten, da man die Wartezeiten nutzen könne z.B. um kurz das Handy hervorzuholen. Zudem würden diese den Komfort, die Sicherheit und den Verkehrsfluss erhöhen [58].
Auch in Bezug auf die Bodenlichter an Autobahnausfahrten zeigten die Ergebnisse der Befragungen von Autofahrer/innen eine mehrheitlich positive Einstellung gegenüber diesem Nudge. Dieser wurde als angemessen beurteilt, um die Fahrgeschwindigkeit zu reduzieren sowie als wirksamer beurteilt im Vergleich zu regulären Geschwindigkeitszeichen und Geschwindigkeitskameras [57].
Für die Massnahme mit elipsenförmigen Bodenmarkierungen zur Beeinflussung der Fahrlinie von Motorradfahrenden zeigte sich in Begleitbefragungen ebenfalls mehrheitlich eine gute Akzeptanz unter den Motorradfahrenden [66]. Das KFV ergänzte in der Befragung von Expertinnen und Experten dieses Projekts (siehe Abschnitt 2.2.1), dass Teile der Motorradlobby dieser Massnahme anfangs skeptisch gegenüberstanden. Mittlerweile habe man sich aber damit angefreundet.
Es ist anzunehmen, dass die Akzeptanz von Nudging-basierten Massnahmen zugunsten der Verkehrssicherheit auch stark von der konkreten Ausgestaltung der Massnahme abhängt. So wurde beispielsweise von befragten Velofahrenden angemerkt, dass diese Countdown-Ampeln auf der gleichen Seite wie die normale Ampel gegenüber einer Platzierung auf der anderen Seite bevorzugten, da man sonst auf zwei Orte achten müsse [58]. Auch in Bezug auf die Gestaltung einer Grünen Welle bzw. einer CDA konnten gewisse Präferenzen festgestellt werden [59]. So kamen z.B. numerische CDAs sowie CDAs in Form einer abnehmenden LED-Linie am rechten Rand oder einer abnehmenden LEDBeleuchtung/Beschichtung über die gesamte Strassenoberfläche besonders gut an.
Zusammenfassend lässt sich basierend auf der Literatur in Bezug auf den Einsatz und die Wirkung von Nudging auf das Verhalten im Verkehr folgendes vorläufiges Fazit ziehen:
Die Empfehlungen für die Praxis werden nach unterschiedlichen Ebenen differenziert.
Für die Ebene der Politik sowie nachgeordneter Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger wird empfohlen, dass grundsätzlich Rahmenbedingungen für interdisziplinäre Sicherheitsstrategien geschaffen werden. So können bspw. Plattformen und andere Austauschmöglichkeiten für die gemeinsame Diskussion von Fachpersonen aus Psychologie und Ingenieurwissenschaft geschaffen werden, um Ansatzpunkte für eine bessere Integration verhaltensspezifischer Aspekte in der Strassenplanung zu schaffen. Dies ist dann auch im Sinne des Safe System Approaches, wonach die Strassengestaltung immer auch die besonderen Verhaltensweisen (z.B. «Fehler») der Nutzenden berücksichtigt und entsprechende Sicherheitsmargen integriert. Zentral für die Umsetzung in der Praxis sind die Kenntnisse der Ansätze sowie der Austausch zu konkreten Massnahmenumsetzungen. Dabei sind entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten für das Personal im Verkehrswesen wichtig. Die Schulungen sollten dabei Kompetenzen vermitteln, wo und unter welchen Randbedingungen der Einsatz von verhaltensökonomischen Ansätzen zielführend ist und welche Massnahmen dann zur Anwendung kommen könnten. Die Strategien des sicheren Verkehrsverhaltens im vorliegenden Bericht sind ein Beispiel dafür, wie der Zugang für ein besseres Verständnis der Wirkmechanismen der Verhaltensökonomie erleichtert werden kann. Das Verständnis ist wesentlich, damit die Praxis auch selbst Massnahmen konzipiert und weiterentwickelt, welche diese Wirkmechanismen berücksichtigen.
Wenn entsprechende Voraussetzungen auf Entscheidungsebene geschaffen wurden, dann müssen auf der operativen Fachebene Werkzeuge bereitgestellt und Prozesse geschaffen werden, damit die vorliegenden Erkenntnisse auch in die Umsetzung u. a. im Planungsprozess gelangen. Ein Werkzeug sind die im Anhang III dokumentierten Factsheets. Diese sind aber eher ein Werkzeug, um ein besseres Verständnis zu entwickeln, damit Fachleute später selbst Massnahmen entwickeln können, die verhaltensökonomische Wirkmechanismen berücksichtigen. Ein weiterer Ansatz könnte aber auch in stärker interdisziplinär zusammengesetzte Planungsteams liegen, oder es wird gezielt und frühzeitig verkehrspsychologische Fachexpertise hinzugezogen. Das wird aber nur dann nachhaltig, wenn entsprechende Prozesse und Strukturen bereits während der Planung und auch beim Betrieb für die Integration sicherheitstechnischer Überlegungen geschaffen werden. Das beginnt damit, dass grundsätzlich eine unabhängige Beurteilung der Sicherheitswirkungen konkreter Planungen vorgesehen wird. Hierüber lassen sich dann auch die Aspekte der Verhaltensökonomie mitberücksichtigen. Damit dies gelingt, muss auf der anderen Seite im Infrastrukturmanagement die Bereitschaft erhöht werden, solchen nicht-technischen Aspekten offen gegenüberzustehen. Weitere Ansätze für die Gestaltung solcher Schnittstellen zwischen Verkehrssicherheitsund Infrastrukturmanagement finden sich in der Vollzugshilfe MISS des ASTRA [136].
Auch auf der Ebene der Normierung erscheint eine stärker interdisziplinäre Zusammensetzung der entsprechenden Fachgremien als zielführend. Zu den wesentlichen Erkenntnissen des vorliegenden Projekts gehört, dass sich verhaltensökonomische Ansätze zumindest teilweise der durchgehenden Standardisierung entziehen – im Gegensatz zu selbsterklärenden und fehlerverzeihenden Ansätzen. Aus diesem Grund sind der Normierung verhaltensökonomischer Ansätze gewisse Grenzen gesetzt. Erfolgsversprechender sind hier wahrscheinlich praxisnahe Handlungsleitfäden ergänzend zum technischen Normenwerk. Solche Leitfäden könnten die Erkenntnisse aus dem vorliegenden Forschungsbericht aufgreifen, in für die Praxis verständlicher und nachvollziehbarer Sprache darstellen und eine Verlinkung zu bekannten, aber auch innovativen Massnahmen bzw. Best-Practice-Ansätzen schaffen. Dabei sollte auch diskutiert werden, inwiefern bereits integrierte verhaltensökonomische Überlegungen im Normenwerk dokumentiert werden könnten (bspw. in einem Zeitschriftenartikel), um damit die Akzeptanz in der Praxis für solche Ansätze zu erhöhen bzw. die sicherheitsrelevanten Aussagen der Norm damit nochmals herauszustellen.
Auf der Ebene der Forschung sollte – wie für alle anderen Massnahmenansätze auch – die Evaluation der Wirkungen verhaltensökonomischer Ansätze und Massnahmen im Fokus stehen. Diese Evaluationen sollten dabei Ansätze in den Bereichen Infrastruktur, Mensch und Fahrzeug gleichermassen berücksichtigen. Ebenfalls relevant ist die Evaluation klassischer Verkehrssicherheitsmassnahmen, welche unter Berücksichtigung verhaltensökonomischer Wirkmechanismen weiter optimiert oder ergänzt wurden oder werden könnten. Genauso sollten aber auch die wahrscheinlich stärker qualitativ geprägten Erfahrungen der Praxis gesammelt und anderen Fachleuten der Praxis zur Verfügung gestellt werden – u. a. zu rechtlichen Aspekten der Umsetzung. Übergeordnetes Ziel ist es, ein noch besseres Verständnis dafür zu erhalten, in welchen Situationen, bei welchen Risiken und weiteren Randbedingungen, verhaltensökonomische Ansätze ihre grösste Wirkung entfalten.
.Um Nudging-Massnahmen für eine Verbesserung der Verkehrssicherheit entwickeln zu können, ist die Kenntnis über das Unfallgeschehen relevant. Ziel ist die objektive Aufbereitung von Anknüpfungspunkten für Nudging-Ansätze. Es soll deutlich werden, wo die grössten Potenziale für weitere Verbesserungen liegen. Dass weitere Verbesserungen – vor allem durch Optimierung und Erweiterung bisheriger Ansätze – notwendig sind, zeigt die Entwicklung der Verunfalltenzahlen in der Schweiz seit dem hier verwendeten Basisjahr 2011 (siehe Abb. 33).
Dabei sind die Zahlen der Leichtund Schwerverletzten nicht kontinuierlich gefallen, sondern stagnieren seit 2015 auf einem ähnlichen Niveau. Die Zahl der Getöteten besitzt aufgrund der deutlich kleineren absoluten Anzahl eine grössere Varianz. Die Zahlen für das Jahr 2020 sind aufgrund der Corona Pandemie und dem damit veränderten Mobilitätsverhalten nur eingeschränkt aussagekräftig. Aufgrund dessen beziehen sich ein Grossteil der nachfolgenden Daten über das Unfallgeschehen in der Schweiz auf die Mittelwerte der Jahre 2015 bis 2019. Die Daten stammen vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) aus der Statistik der Strassenverkehrsunfälle (SVU).
Im Anhang II.2 werden die Unfälle mit Verunglückten nach verschiedenen Ortslagen (Abb. 40), nach der Verkehrsteilnahme (Abb. 41), nach der Unfalltypengruppe (Abb. 42) und nach den Unfallursachen (Abb. 43) differenziert erläutert. Anschliessend werden die verschiedenen Verkehrsbeteiligungen Zu Fuss (ab Abb. 49), Velo (ab Abb. 47), Motorrad (ab Abb. 44) und Personenwagen (ab Abb. 51) einzeln betrachtet. Durch diese Betrachtung wird deutlich, wo die grössten Potenziale für weitere Verbesserungen und damit Anknüpfungspunkten für Nudging-Ansätze liegen.
Es wurden ausgehend von sowohl typischen Konfliktsituationen im Unfallgeschehen als auch den bisher gefunden Nudging-Techniken die folgenden acht Strategien identifiziert:
Der hohe Anteil an Schleuder-/Selbstunfällen (siehe Abb. 42) auch bei den schweren Folgen des Unfallgeschehen verdeutlich die hohe Relevanz der Geschwindigkeit für das Unfallgeschehen. Diese Unfalltypengruppe definiert sich derart, dass ein Fahrzeug in Schleudern gerät, ohne dass zuvor eine Kollision mit einem anderen Fahrzeug oder Verkehrsteilnehmenden stattgefunden hat. Solche Unfälle resultieren häufig aus einer nicht auf das Umfeld oder die Gestaltung des Strassenraums angepasste Geschwindigkeit (à Strategie «Geschwindigkeit anpassen»).
Auffahrunfälle (siehe Abb. 42) aber auch Unfallursachen im Zusammenhang mit Vortrittsmissachtungen (siehe Abb. 43) betreffen die Interaktion zwischen potenziellen Konfliktgegnern eines Unfalls. Hierbei spielt zuerst eine Rolle, ob Verkehrsteilnehmende aufmerksam genug oder eben nicht abgelenkt sind, um überhaupt und/oder rechtzeitig auf einen potenziellen Konfliktgegner reagieren zu können (à Strategie «Aufmerksamkeit erhöhen»). Sobald die Aufmerksamkeit gegeben ist, spielt es eine wesentliche Rolle, dass der Verkehrsteilnehmende die Aufmerksamkeit auch auf die Gefahr bzw. den potenziellen Konfliktgegner richtet (à Strategie «Aufmerksamkeit/Blickrichtung steuern»). Ist dies erfolgt, dann geht es darum, die Wahrnehmung oder Information richtig im Sinne einer sicherheitsfördernden Verhaltensweise zu verarbeiten. Dabei spielt u. a. die korrekte Wahrnehmung von Geschwindigkeiten, Abständen und Zeitlücken auf andere Verkehrsteilnehmende eine Rolle. Diese gilt es entsprechend zu unterstützen (Strategie «Informationsverarbeitung und Situationseinschätzung unterstützen»). Noch direkter und zielgerichteter ist es, wenn direkt Hinweise zur Nutzung bestimmter Querschnittsbereiche oder Fahrwege (bspw.im Kreisverkehr) gegeben werden (Strategie «Fahr-/Laufwege steuern»). Wesentlich für alle Personen im Strassenverkehr, aber gerade für die ungeschützten Verkehrsteilnehmenden (siehe Abb. 50) ist die Nutzung wirksamer Sicherheitssysteme (Strategie «Sicherheitssysteme nutzen»). Dies reicht vom Gurt anlegen über einen Fahrradhelm tragen bis hin zum Kauf und korrekten Nutzung von Fahrassistenzsystemen. Darunter kann aber auch die Nutzung einer gesicherten Querungshilfe durch Zufussgehende verstanden werden. Für ein sicheres Verhalten im Verkehr sind weiterhin bestimmte Voraussetzungen durch die Verkehrsteilnehmenden zu erfüllen. Das betrifft den körperlichen Zustand bzw. das Vermeiden von temporären (z.B. Alkohol) als auch ständigen Einschränkungen (z.B. Sehund Reaktionsfähigkeit im Alter), (à Strategie «Fahrfähigkeit gewährleisten»). Genauso ist aber eine entsprechende und aktuelle Kenntnis der Verkehrsregelungen notwendig und/oder das Training sicherheitsrelevanter Verhaltensweisen hilfreich (à Strategie «Fahreignung ermöglichen»).
Diesen Strategien lassen sich ganz konkret Unfälle oder Unfallsituationen zuweisen, um zumindest ansatzweise eine Potenzialabschätzung für Nudging-Techniken zu erhalten. Allerdings ist eine eindeutige Zuordnung von Nudging-Techniken zu den Strategien nur bedingt möglich. Beispielsweise kann mit nahezu jeder Nudging-Technik eine Strategie unterstützt werden. Die Formulierung der Strategie soll aber dem Lesenden (aus der Praxis) des Forschungsberichts, der keinen psychologischen oder Nudging-Hintergrund aufweist, einen Einstieg, eine Orientierung und eine Grundlage für die Strukturierung der NudgingTechniken bieten. Die im folgenden Kapitel beschrieben Einzelmassnahmen sind als Beispiele für zukünftige Nudging-Massnahmen gedacht. Die zukünftigen Lesenden dieses Berichts sollen ein grundsätzliches Verständnis der Nudging-Techniken erlangen, um daraus eigene Massnahmenansätze entwickeln und/oder bestehende Massnahmenansätze weiter optimieren zu können.
Für die Unfallzuordnung und die Ableitung der Potenziale findet sich im Tab. 19 eine Übersicht. Daraus ist erkennbar, nach welchen Merkmalen des Unfallprotokolls die Zuordnung erfolgte.
Das den Verhaltensweisen zugeordnete Unfallgeschehen basiert auf mehreren, in den in der SVU erfassten Unfallursachen und anderen Merkmalen. Wenn auf andere Unfallmerkmale der SVU oder weiterer Veröffentlichungen eingegangen wird, wird dies in den Unterkapiteln beschrieben. Ein Unfall hat immer mehrere Merkmale und kann mehrere Unfallursachen besitzen. Dadurch kann eine verunfallte Person den Zahlen mehrerer Unfallursachen bzw. sonstiger Merkmale zugeordnet werden. Die Zahlen der Verunfallten für eine Verhaltensweise enthalten jedoch jede verunfallte Person nur einmal. Der prozentuale Anteil der Potenzialabschätzung bezieht sich jeweils auf die jährliche mittlere Anzahl der Leicht-, Schwerverletzen und Getöteten aus den Jahren 2015 bis 2019.
Wenn das Unfallgeschehen sich in mehrere Verhaltensweisen einordnen lässt, sind die verunfallten Personen auch in mehreren Verhaltensweisen berücksichtigt. D.h. die Summenbildung der verunfallten Personen über mehrere Verhaltensweisen ist nicht zulässig.
.Das Unfallgeschehen ist massgeblich durch die Wahl einer geringeren und angepassten Geschwindigkeit beeinflusst. Dabei ist die Einhaltung des Tempolimit genauso wichtig wie eine Anpassung der momentanen Geschwindigkeit an verschiedene Situationen im Umfeld des Fahrzeugs. Folgende Differenzierungen der Strategie sind dabei relevant:
Es kommen häufig visuelle Nudges im Zusammenhang mit der Strategie „Geschwindigkeit anpassen“ zur Anwendung. Dabei werden punktuell visuelle Veränderungen am Strassenraum vorgenommen (à optische Tore), um auf eine Veränderung der Strassenraumsituation hinzuweisen. Ein anderer Ansatz betrifft optische Verzerrungen (à markierte Querstreifen oder à Springlichter auf/neben der Fahrbahn) mit denen subjektiv eine höhere Geschwindigkeit suggeriert als tatsächlich gefahren wird.
Der soziale Einfluss aber auch das Priming kommt bei den Dialogdisplays zum Tragen, welche ein vereinfachtes (Simplifikation), assoziierendes (Priming über Kinderbild) und positiv ausgedrücktes („Dankeschön“) Feedback zur tatsächlichen Geschwindigkeit den Fahrzeuglenkenden zurückgeben.
Die bis hierin genannten Beispiel sind lokal abgegrenzt und dementsprechend als Prompt zu verstehen. Der Nudge wird also direkt vor eine risikohaften Stellen, wie Bahnübergänge, oder besonders schützenwerten Stelle, etwa Schulen, platziert.
Daneben finden sich aber auch Nudges, die durchgängig, linienhaft oder auch ständig wirksam werden sollen. Hierzu zählen bspw. reduzierte und gleichmässige Durchschnittsgeschwindigkeiten im Verlauf koordinierter LSA-Steuerungen (à grüne Welle für Velos), Apps und Aktionen, welche den Spieltrieb ansprechen (à Wettstreit „best driver“, Herausforderung, ohne unnötiges oder scharfes Bremsen zu fahren) aber auch Ansätze des Verlust-/Gewinnframings in Kampagnen.
Diese Strategie bezieht sich auf die Aufmerksamkeit allgemein aber auch in bestimmten Situationen. Diese ist von der Strategie der Lenkung der Aufmerksamkeit auf einen bestimmten anderen Verkehrsteilnehmenden oder Bereich des Strassenraums abzugrenzen. Die Massnahmen zur Umsetzung dieser Strategie lassen sich nach strassenund fahrzeugseitigen sowie medialen Ansätzen differenzieren. Diese Massnahmen sollen die Aufmerksamkeit des Fahrzeuglenkenden erhöhen und Ablenkungen und Unaufmerksamkeit reduzieren.
Im Rahmen der Strategie «Aufmerksamkeit erhöhen» geht es vor allem darum, entsprechende Reize (Prompts) zu setzen, wenn eine erhöhte Aufmerksamkeit aufgrund potenziell auftauchender Konfliktgegner oder besonders schützenswerter Personen notwendig ist. Viel diskutiert werden derzeit eine durchgehend eingefärbte Veloinfrastruktur entlang von wichtigen Velorouten, um u. a. kreuzende Ströme oder andere Verkehrsteilnehmende in den Bereichen zu sensibilisieren. Vielfältige Ansätze existieren auch im Zusammenhang mit Markierungen im Konfliktbereich zwischen sich öffnender Türen von Motorfahrzeugen und Velofahrenden (à Velopiktogramm, Sharrows).
Kampagnen, welche alltägliche Verkehrssituationen mit objektiv gefährlichen Konfliktsituationen verbinden, informieren und sensibilisieren zu bisher ggf. weniger bekannten Risiken, um die Aufmerksamkeit in diesen Verkehrssituation zu erhöhen. Erinnerungen im Blickfeld von Fahrzeuglenkenden (Aufkleber Windschutzscheibe) sollen an die Risiken ablenkender Tätigkeiten in dem Moment erinnern, wenn diese relevant werden.
.Im Gegensatz zu der letztgenannten Strategie ist das Ziel hier, die Aufmerksamkeit bzw. die Blickrichtung auf eine bestimmte Gegebenheit der Umgebung zu lenken. Dies können andere Verkehrsteilnehmende sein, aber auch die Infrastruktur, das Umfeld oder darin die Signalisation.
Zentrales Anliegen der Strategie «Aufmerksamkeit/Blickrichtung steuern» ist es, entsprechende Reize (Prompts) zu setzen, wenn eine gezielte Aufmerksamkeitsoder Blickrichtung aufgrund auftauchender Konfliktgegner oder besonders schützenswerter Personen notwendig ist. Die Massnahmen beziehen sich somit vorrangig auf die Erkennung von anderen Verkehrsteilnehmenden (Konfliktgegner). Dies können Velofahrende sein, die sich im toten Winkel eines LKWs befinden oder die an einer Kreuzung von rechts (entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung) kommend die Fahrbahn queren. Denkbar wäre auch die Tram an Gleisquerungen, an denen der Blick der Zufussgehenden auf das sich nähernde Schienenfahrzeug gelenkt wird. Zentrale Massnahmenansätze sind optische und akustische Signale.
.Eine eher klassische Massnahme dieser Strategie sind eingefärbte Veloinfrastrukturanlagen sowohl entlang von wichtigen Velorouten als auch an Knotenarmen, um u. a. kreuzende Ströme oder andere Verkehrsteilnehmende in den Bereichen zu sensibilisieren. Eine weiter, fast prototypische, Massnahme ist der «Holländische Griff». Hierbei werden aus Personenwagen aussteigende Personen dazu motiviert, mit der rechten Hand die Fahrertür zu öffnen. Dafür muss der Oberkörper gedreht werden, was den Blick automatisch nach hinten in Richtung eines sich nähernden Velofahrenden richtet, für den die sich plötzlich öffnende Tür ein Risiko darstellt. In Grossbritannien werden Lichtsignale nicht mittig, sondern an den Rand der Fussgängerstreifen sowie zusätzlich auf der anliegenden Strassenseite platziert. Hierdurch wird der Blick der wartenden Zufussgehenden automatisch in Richtung konfligierender Fahrzeuge auf der Fahrbahn gerichtet (à Puffin Crossing).
Im weiteren Sinne können auch Kampagnen, welche alltägliche Verkehrssituationen mit objektiv gefährlichen Konfliktsituationen verbinden, als Nudging-Techniken innerhalb der hier beschriebenen Strategie eingeordnet werden. Durch Information und Sensibilisierung auf bisher ggf. weniger bekannten Risiken, soll die Aufmerksamkeit auf spezifische Punkte im Strassenraum oder bei Verkehrssituation gelenkt werden. Erinnerungen im Blickfeld von Fahrzeuglenkenden (àAufkleber Windschutzscheibe) sollen den Fokus auf die Risiken ablenkender Tätigkeiten richten, wenn diese relevant werden.
.Nachdem sicherheitsrelevante Informationen erkannt und auch wahrgenommen wurden, ist eine korrekte Verarbeitung dieser Informationen notwendig, um daraus sichere Verhaltensweisen abzuleiten. Geschwindigkeit und Abstände werden beispielsweise von Verkehrsteilnehmenden nicht immer richtig eingeschätzt. Daraus resultieren dann u. a. die Nutzung zu kleiner und damit kritischer Zeitlücken, um bspw. in eine Kreuzung einzubiegen. Auch Bewegungslinien (Trajektorien) eines anderen Verkehrsteilnehmenden können fehlerhaft eingeschätzt bzw. falsch prognostiziert werden.
Die Strategie der «Unterstützung der Informationsverarbeitung und Situationseinschätzung» adressiert somit Massnahmenansätze, die bspw. Abstände verdeutlichen oder visualisieren. Das bekannteste Beispiel sind Fahrbahnrandmarkierungen auf Autobahnen, welche bestimmte Sichtweiten bei Nebel verdeutlichen sollen. Wenn bspw. nur noch ein oder zwei dieser Markierungen sichtbar sind, soll dies geringe Sichtweiten und damit notwendige reduzierte Geschwindigkeiten verdeutlichen.
Aber auch Müdigkeitswarner in Fahrzeugen erinnern die Fahrzeuglenkenden nicht nur, sondern verdeutlichen auch, dass die Aufmerksamkeit sowie die Fahrtüchtigkeit nicht mehr optimal für die Fahraufgabe gewährleistet ist. Countdown-LSA zeigen die Wartezeit für Verkehrsteilnehmende an und sollen auf diese Weise eine stärkere Rotlichtakzeptanz gewährleisten.
Aber auch punktuelle Ansätze zur Verdeutlichung der eigenen Geschwindigkeiten (wenn nicht auf den Tacho geschaut wird) lassen sich hier einordnen. Dazu gehören Lauflichter am Fahrbahnrand von Autobahnausfahrten aber auch Dialogdisplays, welche Rückmeldungen zur eigenen Geschwindigkeit geben.
.Eine sichere Verhaltensweise drückt sich auch durch die passende Wahl einer Fahrlinie oder Benutzung eines passenden Teils des Strassenraumquerschnitts aus. Dementsprechend bedarf es Massnahmenansätze, um die Wahl einer sicheren Fahrlinie (z.B. Lateralposition auf der Fahrbahn) zu unterstützen.
Dooring-Unfälle mit Beteiligung von Velos ereignen sich, wenn Velofahrende zu nah an Motorfahrzeugen vorbeifahren. Eine Massnahme der klassischen Planung wären Sicherheitstrennstreifen, welche die Fahrbahn aufteilt und den Fahrweg des Velofahrenden weg von den parkenden Fahrzeugen positioniert. In engeren Strassenräumen fehlt dafür häufig der Platz. Dort besteht das Ziel, den Velofahrenden über Nudges stärker in Richtung der Fahrbahnmitte zu leiten und ein versetztes Fahren von Velos und Personenwegen anstatt eines Nebeneinanderfahrens zu erreichen. Über spezielle Markierungen (à Velopiktogramme «Sharrows» aber auch eingefärbte Bereiche direkt neben den parkenden Fahrzeugen, soll den Velofahrenden das Gefühl gegeben werden, sich auch sicher weiter links bzw. in Fahrbahnmitte zu bewegen. Ähnliche Ansätze existieren auch in Kreisverkehren, um das Überholen von Velofahrenden auf der Kreisfahrbahn zu unterbinden.
Eine weitere Massnahme betrifft Fahrbahnrandund Mittelmarkierungen entsprechend der FGSO-Norm [134], mit denen auch die Fahrlinie beeinflusst werden kann. Ein Beispiel aus dem Ausserortsbereich betrifft die Markierung von Ellipsen auf der Mittel-/Leitlinie, um die Fahrlinien von Motorradfahrenden in Kurven stärker zum Fahrbahnrand zu verlagern. Auf diese Weise soll dem «Reinreichen» des Oberkörpers des Motorradfahrenden in die Gegenfahrbahn entgegengewirkt werden.
Für Zufussgehende (hier vor allem die Kinder) geben die BFU-«Fuessli» Orientierung, um die Laufwege in Richtung sicherer Querungsstellen zu lenken bzw. dazu zu motivieren.
.Vorhandene Sicherheitssysteme sollten (korrekt) genutzt werden und in einem technisch akzeptablen Zustand sein. Darunter fallen aktive und passive Sicherheitssysteme der Fahrzeuge aber auch der Verkehrsteilnehmenden. Hierbei liegt der Fokus einerseits auf aktiven Fahrassistenzsystemen, wie ein Abstandsregeltempomat mit Notbremsfunktion oder ein Spurhalteassistent, aber auch die klassischen sicherheitsrelevanten Fahrzeugausstattungen, wie Bremsen, Licht und Reifen. Passive Sicherheitssysteme, welche die Folgen eines Unfalls abmindern sollen, sind Helme für Zweiradfahrende, der Gurt im Fahrzeug oder die Nutzung von Warnbzw. Signalwesten.
Auf der Seite der Fahrzeugtechnik eignen sich hierfür Nudging-Techniken, wie das Setzen von Standardoptionen (Defaults) oder Gamification. Fahrassistenzsysteme können sich beispielsweise zu Beginn jeder Fahrt automatisch anschalten oder das Fahrverhalten kann getrackt werden und gutes Fahrverhalten spielerisch belohnt werden. In der Infrastruktur eignen sich die Techniken Prompt oder Soziale Norm für Massnahmen. Durch Reize an der richtigen Stelle, können Teilnehmende am Verkehr dazu gebracht werden, sichere Infrastruktur, beispielsweise sichere Querungsstellen zu nutzen.
.Die Gewährleistung der Fahrtüchtigkeit stellt im Gegensatz zur Fahreignung eine (eher) temporäre Strategie dar. Temporär wird die Fahrtüchtigkeit durch u. a. Alkoholeinfluss, die Einnahme von Medikamenten oder andere Betäubungsmittel beeinflusst. Es handelt es sich hier um vorübergehende Einschränkungen. Übermüdung während der Fahrt aber auch Ablenkung durch Handynutzung sind weitere temporäre Einschränkungen in der Ausübung der Fahraufgabe.
Massnahmenansätze zielen somit darauf ab, entweder Einflussfaktoren von vornherein auszuschliessen oder rechtzeitig vor Einschränkungen wie Müdigkeit zu warnen. Ersteres wird vor allem über Kampagnen adressiert, die auf die soziale Norm abzielen. Hierbei wird vor allem (ähnlich wie beim Tabakkonsum) versucht, das Bild und die gesellschaftliche Akzeptanz für das Fahren unter bspw. Alkoholeinfluss weiter zu reduzieren. Durch eine freiwillige Verpflichtung keinen Alkohol zu trinken, wenn ein Fahrzeug gelenkt wird, sollen vor allem Fahranfänger und Fahranfängerinnen aber auch andere Erwachsene erreicht werden (freiwilliges Sicherheitsversprechen). Massnahmenansätze im Fahrzeug sollen jeweils vor oder in den relevanten Situationen vor Ablenkung oder Einschränkungen durch bspw. Müdigkeit warnen (Müdigkeitswarner, Sticker in Windschutzscheibe).
.Neben temporären Einschränkungen spielen auch ständige Einschränkungen der Leistungsfähigkeit bspw. ein Fahrzeug zu lenken eine zentrale Rolle für die Verkehrssicherheit. Hierunter subsummieren sich u. a. die Anforderungen an ein notwendiges Mindestalter, die erforderliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit, dass Fahrzeuglenkende entsprechend ihres bisherigen Verhaltens Gewähr bieten, die Vorschriften zu beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht zu nehmen.
Insbesondere der Aspekt der körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit muss für die Abschätzung des Unfallpotenzials genauer betrachtet werden. Da dies nur in wenigen Fällen als Ursache in der Unfallstatistik aufgenommen wurde, wird das Potenzial für diese Strategie zusätzlich über das Alter abgeleitet. Hierbei sind zwei Aspekte im Besonderen gemeint. Zum einen kann fehlende Erfahrung bzw. fehlendes Wissen bei Fahranfängern in manchen Situationen zu Unfällen führen. Anderseits ist verlorengegangenes Wissen bzw. falsche Routinen auch ein Grund für ein erhöhtes Unfallgeschehen bei Personen, die seit einem längeren Zeitraum im Besitz eines Fahrpatents sind.
Jede Art von Feedback zum eigenen Verhalten kann als Nudging-Technik im Rahmen der vorliegenden Strategie verstanden werden. Ein Beispiel sind die Rückmeldefahrten bei älteren Fahrzeuglenkenden, bei denen eine objektives Feedback zum Fahrverhalten bspw. durch eine unabhängige mitfahrende Person gegeben wird. Auf diese Weise soll der schleichende Altersprozess gespiegelt werden. Bei Fahranfängern hingegen soll über die öffentlich sichtbare Kennzeichnung als unerfahrener Fahrzeuglenkender sowohl eine besondere Aufmerksamkeit bei den anderen Verkehrsteilnehmenden als auch eine besondere Vorsicht aufgrund der Beobachtung durch andere erzeugt werden.
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