«Herzstück, Gleiserweiterung Richtung Gundeli, Projekt 'Nauentor' – durch diese und weitere geplanten Bauvorhaben wird sich der Bahnhof SBB und seine Umgebung stark verändern» schreibt das Planungsamt Basel-Stadt.
«Um den damit verbundenen Passagierzuwachs optimal bewältigen zu können, den Bahnhof und das Gundeli besser und attraktiv mit der Innenstadt zu verbinden und die Trennwirkung des Bahnhofs zu vermindern, hat der Regierungsrat das Entwicklungskonzept Stadtraum Bahnhof SBB beschlossen. Geplant sind u.a.: Ein neuer Zugang zum Bahnhof im Bereich des Bahnhof SNCF, die Verkehrsentflechtung auf dem Centralbahnplatz, neue Zugänge zu allen Gleisen via neugebauter Margarethenbrücke, eine Veloquerung im östlichen Bahnhofsareal und ein neu gestalteter Markthallenplatz.»
Vollständiger Vernehmlassungstext Stadtraum Bahnhof SBB
.3. Wirkungsziele (Seite 15-17)
Anregung: 2010 wurde die kommerzielle Nutzung des Bahnhofs an Bedingungen geknüpft. Mehr Läden gibts nur gegen 700 Veloparkplätze, siehe TagesWoche vom 23/12/11. Die Forderungen, allen voran Post Immobilien und SBB Immobilien müssen entsprechend der kommerziellen Nutzung massiv aufgestockt werden, z.B. auf 5000 VeloPP (statt 700 VeloPP 2010 von den SBB gefordert). Mit zusätzlichen Dienstleistungen für den täglichen Bedarf ist auch mit Umsatzeinbussen der Geschäfte im Gundeldingerquartier zu rechnen. Das Wirkungsziel kommerzielle Nutzung ist an Bedingungen zu knüpfen, z.B. günstige Mietangebote für Anrainer.
4. Konzeptkarte (Seite 33)
Anregung: Die Planung ist sehr spekulativ. Lage Herzstück-Anschluss / Tiefbahnhof ist noch nicht bekannt.
5.1 Vertiefungsraum 1 (Seite 37 ff)
Anregung: Bahn-Drämmli, Drämmli-Drämmli, Bahn-Velo, Bahn-Fussgänger, insgesamt ein grosses Fussgängeraufkommen und völlig emissionsfrei treffen auf Strassenlärm / Feinstaub. Umsteiger den Abgasen der Autopendler aussetzen ist ein No-Go! Das Potential, den Bahnhof SBB westlich in die Länge zu ziehen, um die Füssgängerströme in Richtung Stadt besser zu verteilen, ist begrenzt. Beim Ansinnen müssen die Planer auch weiterer S-Bahn-Haltestellen im Blick haben. Andere Städte haben es vorgemacht.
Detail Innere Margarethenstrasse, wo Drämmli aufgrund der Steigung >40 km/h fahren: Eigene Spur für Velo bergwärts, (Bild nachfolgend).
Die Planskizzen zeigen, dass hier nicht nur abwärts, sondern auch aufwärts eine Mischverkehrsspur vorgeschlagen wird. So wird das schnelle Tram hinter Velos den Berg hinaufschleichen müssen und verliert wertvolle Fahrzeit. Solche Ansätze sind strikt abzulehnen, sie widersprechen den öV-Ziel des Kantons diametral schreibt IGÖV Nordwestschweiz. Eine Diskussion kann unter tramforum-basel.ch nachgelesen werden. Ausserdem reicht der Raum für grössere Baumkronen nicht aus ohne Fahrspur zwischen Geleise und Grünstreifen (Bild rechts: Aeschenvorstadt).
. .5.3 Vertiefungsraum 3 (Seite 48 ff)
Anregung: Siehe 5.1
5.5 Vertiefungsraum 5 (Seite 66 ff)
"Zur besseren Verbindung des Gundeldingerquartiers mit dem Gellert ist eine Nauentor Verlängerung der neuen Postpassarelle über die Nauenstrasse hinweg zu prüfen" schreibt der Gewerbeverband Basel-Stadt.
Andere Stimmen zum Vertiefungsraum 5 (Quellen unten)
"Ein vollwertiger Gleiszugang von der Solothurnerstrasse her ist nötig, dies sorgt für eine bessere Verteilung des Fahrgastaufkommens" meint SP Basel-Stadt. "Die Planung der angedachten Personen- und Velounterführungen gilt es kritisch zu hinterfragen. Bisher ist unklar, ob die zukünftigen S-Bahnhaltestellen am Bahnhof SBB als Tief- oder Hochbahnhof umgesetzt werden. Nach dem Agglomerationsprogramm Basel 4. Generation, welches sich gegenwärtig im behördlichen Konsultationsverfahren befindet, sol ldie Velounterführung unter dem Bahnhof SBB 50 Mio. Franken kosten. diese Kosten stehen in keinem Verhältnis zum erbrachten Nutzen" schreibt die Handelskammer beider Basel.
"[...] konkrete Aussagen bezüglich Verbindungen im Neubau Nauentor selbst" wünscht sich Pro Velo Beider Basel. "Die aufgeführte Personen- und Velounterführung Ost zwischen IWB Platz und Centralbahnplatz „soll geprüft werden.“ (V4 Seite 68). Prüfenswert scheint uns auch eine Veloverbindung durch die Überbauung Nauentor, etwa im Sockelgeschoss zu Lasten des Autoparkings" schreibt die Planungsgruppe Gundeldingen. Und weiter: Die provisorische Passerelle wird ebenfalls mit keinem Wort erwähnt, mit einer wahrscheinlichen Lebenszeit von mindestens 15 Jahren ist das nicht nachvollziehbar. Die von Seiten der neuen Gruppe Bahnhof (nGB) mit einer Petition vorgeschlagene, vom GR mit grosser Mehrheit an die Regierung überwiesene Forderung, im Bereich der provisorischen Passerelle auch eine Veloquerung zu bauen, sucht man im Text ebenfalls vergeblich. Das erstaunt, werden doch der Markthallenplatz und der gegenüberliegende Meret Oppenheim Platz als zukünftige Zentren für den Langsam-Verkehr bezeichnet.
"Konkrete Planung der Ein- und Ausgangssituation ins Nauentor im Bereich Solothurner- und Nauenstrasse (u.a. Einbezug IWB-Platz und Weiterführung der Magistralen über die Nauenstrasse hinweg in die Innerstadt z.B. durch das neu zu erstellende BIZ-Areal" fordert die neue Gruppe Bahnhof (Bild unten).
.5.6 Vertiefungsraum 6 (Seite 66 ff)
Anregung 1: Die vage skizzierten Parameter auf der Suche nach Stationen für die Fernbusse muss von MOS/Erdbeerengraben ausgedehnt werden, etwa auf die Gartenstrasse, Wolf, Dreispitz, Messe und den Bahnhof St. Johann. Für das Befahren der MOS Vorbehalte wie Kontingente aushandeln. Anregung 2. Mehr Durchdringung Veloverkehr. Prominentes Beispiel MOH. Der Platz ist für Velos gesperrt, auf der Strasse hinter dem MOH ist ein Parkfeld für die Feuerwehr eingezeichnet. Bei der Baueingabe war hier der SRF-Sendewagen vorgesehen (der SRF-LKW steht jetzt im LZ). Hier wäre eine klare Signalisation für einen Velo- und Fussweg aufzumalen!
Eine Strasse wird zum Bypass für Transitverkehr. Schon mit dem Meret-Oppenheim-Hochhaus (links) hat die Durchdringung für den Veloverkehr abgenommen. Rechts: Im Entwicklungskonzept skizzierte Perron (rechts) müsste bei grosser PM10/20 Konzentration wohl eingehaust werden.
.Antworten Verbände und Parteien
"Geplant sind unter anderem: Neue Zugänge zu den Gleisen von einem neuen 'Markthallenplatz' sowie vom Meret Oppenheim-Platz, ein übersichtlich gestalteter Centralbahnplatz, eine neue Margarethenbrücke, die mehr Platz für Velofahrende und Fussgänger und Zugang zu den Gleisen bietet, sowie eine neue Veloquerung im östlichen Bahnhofsareal" schreibt der Regierungsrat.
regierungsrat.bs.ch vom 13.10.2020 | offener Brief nGB an RR vom 7.12.2020 (PDF)
Die Bau- und Raumplanungskommission (BRK) des Basler Grossen Rats bewilligt die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Bau des Grossprojekts Nauentor beim Bahnhof SBB. Sie pocht aber auf Verbesserungen für den Veloverkehr und auf einen festgelegten Anteil an preisgünstigen Wohnungen. (Stand 5.2.2021).
. . .In der Planungsrealität ist Wachstum das Programm, die Verdichtung und mehr Infrastruktur zur Bewältigung des grösseren Verkehrsvolumen. Wohin aber mit den Velos? Die Planungstools scheinen nicht auf Veloinfrastruktur ausgelegt zu sein, die gesteckten Ziele schliessen sie schon am Anfang aus, der Zeithorizont wird zu eng gefasst zum Nachbessern oder von allem etwas. Veloinfrastruktur ist auch heute noch ein unnötiger Nebenschauplatz, die Digitalisierung zementiert diesen Nicht-Zustand und kann auf politische und soziale Trends keine adäquaten Lösungen bieten. Sehr zum Unmut einiger Zeitgenossen, welche auf dem Weg zur Arbeit gerne das Velo wählen.
.Um 1955 ist klar, das die aus der Zeit gefallenen Post 2 ersetzt werden müsste. Dem Vernehmen nach dringt der Plan aus Bern durch, einen neuartig konzipierten Bau über das Gleisfeld, einen sogenannten Reiterbau, zu erstellen. Mit dem Abriss der im Federal Style erstellten Post 2 erfolgt ein Bruch mit der am Bahnhof vorherrschenden Architektur an prominenter Stelle. Da die historische Bahnhofshalle – vielleicht zu Recht – noch immer als die Referenz für das ideale Ambiente auf Bahnreisen gilt, kann ein Neubau am Platz störend wirken. Diese Ansicht hält sich hartnäckig, ungeachtet der Funktion, welche ein Bau zu erfüllen hat. Für den inzwischen im Auslaufmodus befindlichen Post-Reiterbau von Suter+Suter wäre von Seiten Denkmalpflege etwas mehr Initiative angebracht, auch seine gelungenen Aspekte hervorzustreichen.
Um 1970 sind neben zusätzlichen Aufgaben der PTT (z.B. Zahlungsverkehr, Telekommunikation) etwa die Zusammenlegen der Post 17 für Expressgut ein Thema. Die Betriebsamkeit der Post, welche quer über den Centralbahnplatz abgewickelt wird, ist für ankommende Bahnreisende ein Ärgernis. Die Post soll aber auch den motorisierten Kunden – es sind Boomzeiten des Automobils – ein speditive und bequeme Abfertigung geboten werden. Die Basler Nachrichten fassten dann die Funktionalitäten nach erfolgter Baueingabe um 1970 in einem Artikel "Postzentrum teilweise über Bahnanlagen" vom 1.5.1971 wie folgt zusammen:
Nicht nur die rechtlichen Grundlagen für eine Strasse von der Solothurnerstrasse in das Gebäude ist somit gegeben, sondern auch das politische Wille, die Nutzbarkeit für Quartierbewohner zu gewährleisten: "Unsere Stadt hat klarerweise ein erhebliches Interesse an der Erstellung der Fussgängerpasserelle von der Solothurnerstrasse über die Bahnanlagen zur Centralhahnstrasse mit direkten Abgängen zu den SBB-Perrons sowie an der Schaffung von 360 Parkplätzen, welche teilweise der Öffentlichkeit für Kurzparkierer zur Verfügung zu stellen sind. Die Anlagen dienen nicht nur den Postbenützern, sondern liegen ganz allgemein im Interesse unserer Bevölkerung." (GRB Seite 16)
. .Pläne in den 80er Jahren
.Als Antwort auf anhaltende Diskussionen rund um die Belange des Bahnhof SBB schliessen sich in den 80er Jahren Fachleute, Grossräte und ein Nationalrat zu einer überparteilichen Arbeits- und Interessengruppe zusammen, dem Verein Gruppe Bahnhof. Die Gruppe setzt sich zum Ziel, die Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Behörden (Kantone, SBB, PTT und weitere) und allfälligen Investorengruppen im Sinne des Austauschs, Lieferung von Anregungen zu pflegen und vor allem den Masterplan von 1982 in der Umsetzung zu begleiten. Die Arbeit geht der Gruppe nicht aus, weder in Zeiten des Aufbruchs, das Kredo lautet Mobilität für alle, noch in Zeiten der Ernüchterung und Erkenntnis, dass dem Wachstum Grenzen gesetzt sind. Schweizerhalle, Tchernobyl und Ozonloch sind die Stichworte. Autofreie Sonntage, Nachtfahrverbote oder Tempo 30 sind die neuen Themen.
.Was ist seither passiert?
.Vergleicht man den Masterplan von 1982 mit dem Entwicklungskonzept des Kantons Basel-Stadt von 2020, dann sieht man das Projekt N2-Zubringer zurückgestellt. Stattdessen ist und wird am Gleisfeld gebaut. Das Peter-Merian- und das Jacob-Burckhardt-Haus, die Passerelle, das Elsässertor, die Südparkresidenz und zuletzt das Meret-Oppenheim-Hochhaus prägen das Bild. Der 2012 gegründete Nachfolgeverein neue Gruppe Bahnhof fokusiert in der Folge mehr auf das Bahnhofareal als Dienstleistungszentrum und Drehscheibe, das Herzstück, die Logistik, die Initiative Centralpark, Fussgänger- und Veloquerungen (und somit die Anbindung des Bahnhofs an das Gundeldingerquartier) und zuletzt den Fernbus-Parkplatz an der Meret-Oppenheim-Strasse. Der vieldiskutierte Gundeldingertunnel ist mit dem Volksnein der Entwicklungsplanung Leimental-Birseck-Allschwil (Elba) zurückgestellt.
Mit dem Fernbusverkehr tun sich innere Widersprüche auf: Während jüngst das Car-Angebot die einen freut, befürchten andere Abstriche bei der Velosicherheit. Ein sicheres Nebeneinander von Fernbus und Velo stellen die Planer erst 2046 mit der Sanierung der Peter-Merian-Brücke in Aussicht. Die neue Gruppe Bahnhof setzt sich darum gemeinsam mit Pro Velo beider Basel mittels Petition für eine sichere Veloquerung West ein und bringt einen Veloweg durch das Reitergebäude (Areal Nauentor) ins Spiel.
Es erscheinen noch weitere Velothemen auf der Traktandenliste, was den Vorstand veranlasst, veloaffine Mitglieder für die Mitarbeit in den Vorstand zu holen. Leider will es nicht gelingen einen Nachfolge-Kandidaten für den Vereinspräsidenten zu finden, der auf Ende 2020 seinen Rücktritt angekündet hat. An der Generalversammlung beschliesst darum die Mehrheit an einer covid-19-bedingten Online-Abstimmung die Auflösung des Vereins. Mit dem Wechsel einzelner Vorstandsmitglieder in die breiter aufgestellte Planungsruppe Gundeldingen bleibt die Chance auf eine Veloquerung über das Gleisfeld intakt. Die Fortsetzung lesen Sie unter Architekturwettbewerb Nauentor.
.Links: Karte des Tiefbauamts des Kantons Basel-Stadt von 1980, oben: Masterplan skizziert von der Gruppe Bahnhof von 1983 und unten: Entwicklungskonzept des Kantons Basel-Stadt 2020. Ein Velotunnel ist als diagonaler Pfeil skizziert, ein Realisierungstermin wird noch nicht genannt.
.Nebst den alten Themen akzentieren sich neue Probleme: Mit den Neubauten am Gleisfeld ist die Zahl und Fläche für AutoPP stetig gewachsen. Gleichzeitig ist trotz wachsendem Bedarf die Fläche für Veloabstellflächen praktisch gleich geblieben. Siehe auch Gesucht: Basler Velokonzept. Die Initiative 'Sicheres Parkhaus für Auto, Velo und die Spedition' schlägt ein Konzept vor, welches für Velopendler wie auch Parkhausbewirtschafter interessant ist.