Der Strassenanschluss vom Gundeldingerquartier in das Post-Reitergebäude am Bahnhof Basel SBB ist seit 50 Jahren auf standby gesetzt. Lesen Sie hier, wie es dazu kam, warum die Blockade anzudauern droht oder wie das Gundeli schon bald seinen Tinguelyweg erhalten könnte.
1955 wird erstmals die Idee eines "Postreiterbahnhofs" diskutiert. "Einmal soll hier der gewaltig angewachsene Autopark der Post auf dem Platz Basel untergebracht werden. Ferner ist, zur Entlastung der alten Hauptpost Basel 1 an der Freienstrasse, die Verlegung des Postchequamtes in diesen Neubau beabsichtigt. Andere Absichten stehen vorest offenbar noch im Hintergrund" berichten die Basler Nachrichten im März 1955.
.In den 60er Jahren war der Plan, die Südtangente mitten durch das Gundeldinger Quartier zu führen. Zum Glück ist nichts daraus geworden.Verdichtung ist möglich und die Anschlüsse des Sockelbaus können für eine Velobahn (gelb) geöffnet werden. Vorschlag: VELOP.CH
Heute erleben wir den Rückbau des staatlichen Postbetriebs. Nun setzt die Post Immobilien leider noch immer dieselben Prioritäten, wie in den Boomjahren des Autos: Der Reiterbau ist flächendeckend für AutopPP vorgesehen, selbst die Mitarbeiterplätze für 2-Räder werden aufgelöst oder verschoben mit Einbussen beim Komfort. Das kommt nicht bei allen gut an. Eine Mehrheit im Kanton Basel-Stadt wünscht sich, dass am Bahnhof SBB zuerst an Umsteiger auf ÖV / Velo gedacht wird und ausreichend Veloabstellplätze angeboten werden. Die Einsprachen an der Baueingabe Areal Nauentor folgen auf den Fuss. Sie werden von der Regierung leider abgeleht. Auch eine Anregung zur Zwischennutzung (PDF), welche das Amt für Mobilität gemeinsam mit der Postfinance Mitte 2019 noch prüft, aber Anfang 2020 wieder davon abzukommen. Immerhin, die Idee ist gesetzt.
Dass hingegen die Planer des Areal Nauentor (Ausschreibung des Architekturwettbewerbs erfolgt Ende 2021) trotz insistieren verschiedener Gruppen aus dem Gundeldingerquartier – letztmals im August 2020 anlässlich der Vernehmlassung Stadtraum Bahnhof SBB – noch immer eine umständliche Fussgängerverbindung über eine sogenannte Magistrale über zwei Etagen hinweg statt direkt durch das Parkdeck hindurch in Aussicht stellen ist ein Affront. Als Antwort darauf skizziert VELOP.CH eine Strasse in den Reiterbau zu komfortablen Veloabstellplätzen mit direktem Gleisanschluss.
.Vorschlag: Auf dem Tinguelyweg (Arbeitstitel) vom Gundeli zum St. Alban/Breite.
.Mit den technischen Fragen befördern Recherchen eine Überraschung zu Tage: Die Lücke von der Solothurnerstrasse durch das PTT Betriebsgebäude ist in einem Grossratsbeschluss** (PDF | 11.3 MB) explizit erwähnt: "Ein- und Ausfahrten an der Nauenstrasse oder Peter Merian-Brücke kommen aus verkehrstechnischen Gründen nicht in Frage. Ein weiterer Strassenanschluss des Gebäudes ist auf der Südseite vom Gundeldingerquartier her vorgesehen. Seine Festlegung ist jedoch erst nach der definitiven Projektierung der Südtangente möglich." (GRB Seite 9) Siehe auch Ersatz für die beim Neubau verlorene Verbindung.
.Vorschlag: Auf dem Tinguelyweg* in ein ausgedehntes Velostation mit Gleisanschluss. Die Öffnung nach Oben als Referenz zum Messebau. Vorschlag VELOP.CH
.Der oben skizzierte Veloweg durch den Reiterbau hat ProVelo beider Basel überzeugt, womit der Plan in die Vorberatung bei der Bau- und Raumplanungskommission (BRK) einfliessen konnte. Die BRK empfiehlt dem Grossen Rat die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Bau des Grossprojekts Nauentor beim Bahnhof SBB zu bewiligen, beharrt aber auf Nachbesserungen. Aus dem Kommissionsbeschluss vom 25. Januar 2021 im Wortlaut: "Zusätzlich zu den gemäss Gesetzgebung erforderlichen Veloabstellplätzen sind 400 öffentliche Veloabstellplätze zu realisieren, die bei nachgewiesenem Bedarf erweiterbar sind. Diese müssen von der Hochstrasse / Solothurnerstrasse und der Gartenstrasse aus fahrbar erreichbar und untereinander verbunden sein. Die Perrons müssen von dort direkt angebunden sein. [...] Es ist eine attraktive Aussenraumgestaltung der Eingangsbereiche Hochstrasse/Solothurnerstrasse und Nauenstrasse zu gewährleisten. Im Zugangsbereich Süd sind bauliche Massnahmen wie z.B. Rampen und Treppen zulässig." Der Ratschlag zur Überbauung des «Nauentors» wurde am 17. März 2021 deutlich angenommen.
.Kurz vor Abriss die Befreiung vom Rostbalken-Image
Als Zeugnis des Hochkonjuktur, die vergessene Verbindung zur Hochstrasse, dem Leerstand infolge des Strukturwandel der letzten 30 Jahre vom Paket- und Briefverteilzentrum zur Post 2.0, der Reiterbau gibt auch in der Gegenwart angekommen zu reden. Noch im Sommer 2013 hegt das Radio-Studio Basel Pläne für einen Umzug von Bruderholz ins zentral gelegene Postgebäude beim Bahnhof SBB. Doch statt damit dem markanten Bau neues Leben einzuhauchen ist der Aufbruch zu weiteren Abenteuern angesagt. Laut Medienbericht von 2016 würde der Sender in ein Neubauprojekt von HdM einziehen einziehen, dem Meret-Oppenheim-Hochhaus.
Zahlreichen Bauten dieser Epoche des Aufbruchs sind kaum ausgewertet. Ob der Reiterbau schützenswert ist oder nicht, die Entscheider bei der Post aber auch nahmhafte Architekten lassen der Frage mit ihrer Vorwärtsstrategie keinen Raum. Die in einem Wettbewerbsverfahren schicksalhafte Testplanung sieht nicht nur eine maximale Ausnutzung des Reiterbaus an die Baulinie, sondern auch noch Hochhäuser vor. Die Richtung ist durch kantonalen Hochhauscluster-Plan bereits vorgegeben. Damit ist die originale Bausubstanz nicht mehr zu retten. Es folgt das Areal Nauentor. Wer noch 80er Jahren Atmosphäre schnuppern möchte, kann dies bis Ende 2023 im 8. Stock: